BGH ändert Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Ratenzahlungen… nicht!

Der BGH hat in einem am 16.4.2015 abgefassten Urteil den Standpunkt vertreten, das Ratenzahlungen, die innerhalb der geschäftlichen Gepflogenheiten vereinbart werden, nicht anfechtbar seien. Das wording entnimmt er dem Referentenentwurf des BMJV zur Anfechtungsreform und behauptet, das entspreche auch der ständigen Rechtsprechung. Kein Wort wahr:

In dem entschiedenen Fall hatte

– der Schuldner nach Aktenlage keine Aussage gemacht wie z.B., er könne jetzt nicht zahlen,

und

– der Gläubiger hatte noch keine Schritte zur Durchsetzung unternommen.

Ob die Ratenzahlung dann den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs entspricht oder nicht, davon ist in dem Urteil nicht die Rede.

Offenbar schminkt der IX. Zivilsenat sich seine frühere Rechtsprechung schön. Gleichzeitig wissen wir jetzt auch, wie der Senat die neue Anfechtungsreform umsetzen wird: Nur solche Ratenzahlungen werden als „Gepflogenheit im Geschäftsverkehr“ angesehen werden, die

– ohne Hinweis auf ein Nicht-Zahlen-Können und

– ohne vorangegangene Mahnung, ZV etc.

– schlicht geduldet werden.

Das war in der Tat schon ständige Rechtsprechung!

Hier ist der Link:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e37f6d2efe910ed46374394147608288&nr=70887&pos=0&anz=1

Hoffentlich [nicht] Allianz-Versichert: Gläubigerausschuss haftet im Fall Mühl

Der BGH hat die Gläubigerausschussmitglieder im Fall Mühl haftbar gemacht für unterlassene bzw. schlampige Kassenprüfung. Es geht immerhin um die Veruntreuung von mehr als 6 Mio.€ durch den damaligen Insolvenzverwalter Mühl. Das OLG Celle hatte dem Verwalter nur € 1,2 Mio. bewilligt.

Zuvor hatte das OLG Celle im Rahmen des PKH-Antrag des Insolvenzverwalters übrigens befunden, dass die Klage nur in Höhe von € 209.000,- aussichtsreich sei. Diesen Befund hat es dann aber offenbar selbst korrigiert und immerhin 1,2 Mio. € der veruntreuten 6 Mio. € festgesetzt.

Das ist dem BGH aber immer noch zu wenig. „Grundsätzlich streitet ein Anscheinsbeweis dafür, dass es ein Insolvenzverwalter bei sorgfältiger Überwachung nicht wagt, sich … an den ihm anvertrauten Werten zu vergreifen.“ Diesen Anscheinsbeweis müssen die Gläubigerausschussmitglieder erst einmal widerlegen. Dazu haben sie jetzt gegenüber dem OLG Celle nochmal Gelegenheit.

Voilà:   Mühl, Haftung Gläubigerausschuss, BGH v. 9.10.2014, IX ZR 140-11

Man kann nur hoffen, dass die GA-Mitglieder ausreichend versichert waren. Die Allianz nimmt in solchen Fällen allerdings gern eine wissentliche Pflichtverletzung an und ist damit raus. Schließlich kennt man ja seine Pflichten.

Das AG Hannover hätte ja auch mal näher hinsehen können, denn Beschwerden seitens der Gläubiger gab es offenbar genug. „Beschwerden von Gläubigern sind für uns kein Anlass, tätig zu werden, die gibt es ja häufig„, sagte sinngemäß der Insolvenzrichter Seibert vom AG Hannover in einem Interview. Na Danke!

Und die zuständige Rechtspflegerin sagte noch im Jahre 4 nach Mühl  im Verfahren Geniatec auf die Frage, ob sie nicht 4 Jahre nach der Eröffnung mal eine Zwischenrechnung vom Verwalter anfordern wollte: „Nein, denn wenn wir Zwischenrechnungen anfordern, müssen wir sie ja auch prüfen.“

Fragen??

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