Das außergerichtliche Restrukturierungsverfahren, Änderungen der Insolvenzordnung u.a.

Am 18./19.02.2021 hat unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Georg Bitter eine Online-Veranstaltung des Zentrum für Insolvenz und Sanierung der Universität Mannheim stattgefunden, die sich schwerpunktmäßig mit den Änderungen der Insolvenzordnung befasst hat, die seit dem 1.1.2021 in Kraft getreten sind. StaRuG, COVInsAG, SanInsFoG – in der Veranstaltung wurde das Ausmaß der Änderungen deutlich, die – vor allem im Hinblick auf Ausnahmen-Ausnahmen und Zeitraum-Regelungen – auch für Fachleute kaum noch zu überblicken sind.

Die Grundzüge der Neuerungen wurden von dem Autor im Justizministerium, Herrn Bornemann, vorgestellt. Sodann ging es um Themen wie

  • die Eigenverwaltung nach neuem Recht, die erheblich erschwert wurde,
  • das Restrukturierungsverfahren, seine Chancen und (Un-)Möglichkeiten,
  • die Auswirkung auf Verträge
  • die Erwartung der Beteiligten an die neuen/alten Restrukturierungsrichter*innen
  • die Anfechtungs“privilegien“ und ihre Unklarheiten sowie

last but not least

  • die Pflichten und die Haftung der Geschäftsführer nach den neuen Regeln.

Gerade zu letzterem Punkt wurde deutlich, wie gut ein Geschäftsführer orientiert sein muss, um in der Krise seines Unternehmens unbeschadet und straffrei zwischen Skylla und Charybdis hindurch zu navigieren.

Letztlich war das Auditorium sich darüber einig, dass die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ihre Rolle künftig wesentlich ernster nehmen müssen, indem sie ihre Klienten auch ohne besonderen Beratungsvertrag auf mögliche Insolvenzantragspflichten hinweisen müssen.

An dieser Stelle werden in Zukunft einzelne Beiträge zu den brisatnen Themen erscheinen.

Hier ist noch das Programm der sehr aufschlussreichen Veranstaltung:

https://www.uni-mannheim.de/zis/veranstaltungen/sonderveranstaltung-zur-reform-2021/

BMJV legt Entwurf zur Reform des Anfechtungsrechts vor

Der Justizminister hat am 16.3.2015 einen Gesetzentwurf zur Reform des  Anfechtungsrechts vorgelegt. Der KSi wird den Entwurf kommentieren. Hier sind die wesentlichen Inhalte:

  • 131 InsO -Inkongruenzanfechtung

Zahlungen sind künftig nicht mehr nur deshalb nach § 131 InsO anfechtbar,  weil sie im Wege einer Zwangsvollstreckung erfolgt waren.

(Anm.: dadurch wird eine jahrzehntelange, systemwidrige Rechtsprechung des BGH endlich abgeschafft! Mir wäre es wegen der übrigen Rechtsfolgen aber  lieber, der Gesetzgeber würde sie als kongruente Zahlungen einstufen)

  • 133 Abs.1 InsO – Vorsatzanfechtung

1. Kongruente Leistungen sind künftig nur noch dann nach § 133 InsO anfechtbar, wenn die Gläubiger dadurch „unangemessen“ benachteiligt werden. Das ist nicht der Fall, wenn die Gegenleistung des Gläubigers, also die Lieferung,

– zur Fortführung des Unternehmens erforderlich war, oder
– Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs war.

[Anm.: Den Negativ-Beweis muss – jedenfalls nach der Begründung –  zum Glück der Insolvenzverwalter führen!]

2. Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen mit dem Gerichtsvollzieher und mit dem Gläubiger sind künftig keine Indizien mehr für eine Kenntnis des Gläubigers von der (drohenden bzw. bereits eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Für Ratenzahlungsbitten des Schuldners gilt das jedenfalls dann, sofern dieser „im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs“ darum nachgesucht hatte.

(Anm.:  es ist offen geblieben, wer den Beweis führen muss! Folglich ist es der Gläubiger! )

3. Bei kongruenter Deckung wird die Anfechtung auf 4 Jahre zurückliegende Rechtsgeschäfte beschränkt

(Anm.: es hilft aber nicht viel, da 98 % der Rechtshandlungen in diesen Zeitraum fallen werden)

  • 142 – Bargeschäft / Privileg für Arbeitsentgelt

verspätet gezahltes Arbeitsentgelt hat Bargeschäftscharakter; Grenze: bis zu 3 Monaten!
Alle anderen Zahlungen: Pünktlichkeit oder Verspätung bestimmt sich „nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs“

(Anm.: Beweislast hat der Gläubiger!)

  • 143 – Zinsen

Zinsen werden künftig erst dann geschuldet, wenn der IV den Gläubiger in Anspruch genommen und in Verzug gesetzt hat, anderenfalls  ab Zustellung der  Anfechtungsklage und nicht –  wie derzeit noch – an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens!

(Anm.: Na ENDLICH!! Gilt jetzt aber auch für die strafbaren Vermögensverschiebungen :-))