Behandlung von Krankenhauskeimen mit Bakteriophagen – billig, effizient und auch in Deutschland zulässig

Künstliches Hüftgelenk? Herzkatheter? Heute alles Routine-Operationen. Aber: Die Wunde heilt und heilt nicht. Ein sicherer Hinweis auf eine Infektion mit einem Krankenhauskeim. Der Abstrich bestätigt den schlimmen Verdacht: multiresistenter stapyhlococcus aureus (MRSA), besser bekannt unter der Bezeichnung „Krankenhauskeim“.

 

Die Medien berichten bereits seit Jahren über die Seuche der sog. „Krankenhauskeime“ in deutschen Kliniken. Ca. 15.000 Patienten sterben angeblich immer noch jährlich an dieser Seuche, freilich erst nach langem und elendem Siechtum. Und die Dunkelziffer ist hoch. Typische Einfallstore sind orthopädische Operationen am Knochen und den Gelenken, Herzkatheter, aber auch einfache Infusionszugänge (Viggo, ZVK u.a.) schleppen den Keim ein. Eine monatelange Therapie mit chemischen Antibiotika schließt sich an, ist aber in aller Regel nicht kurativ. Das heißt, die Infektion blüht bei nächster Gelegenheit wieder auf, macht Abszesse und frisst sich weiter. Ist erst mal das Knochengewebe befallen, ist eine Amputation fast nicht mehr zu vermeiden. Und selbst die ist nicht sicher kurativ. Die Ärzte sind hilflos: Weder können sie die Infektionen durch Hygienemaßnahmen verhindern (jedenfalls nicht in Deutschland), noch ist die Seuche behandelbar.

Diese Seuche ist wohlweislich auch nicht meldepflichtig, weil sich dann behördliche Maßnahmen bis zur Schließung ganzer Abteilungen und Kliniken, Berufsverbote für Träger der Seuche etc. anschließen müssten.

Sie wird in der Klinik übertragen (daher der Name), und zwar durch Hände, Katheter, Kanülen, unzureichend sterilisiertes OP-Besteck, infizierte Klimaanlagen in OP-Sälen und auf Intensivstationen. Das Klinikpersonal gilt in Deutschland als weitestgehend durchseucht und als Hauptursache für die Übertragung. Chemische Antibiotika helfen nicht, neue chemische Antibiotika sind nicht in Sicht. Die Seuche greift also ungehindert weiter um sich.

Dabei gibt es Abhilfe: Mit der sog. „Phagentherapie“, einer biologischen Antibiose, könnten viele dieser Patienten heute noch am Leben und wieder gesund und munter sein, etliche teure und quälende Krankenhausaufenthalte und sogar Amputationen können einfach und kostengünstig vermieden werden.

Diese Art der Therapie wird im gesamten Ostblock seit fast 100 Jahren erfolgreich angewendet und wurde dort auch ständig weiterentwickelt. Dort gibt es Phagenpräparate inzwischen in jeder Apotheke auf Rezept.

Was ist „Phagentherapie“ und was kann der Ostblock, was wir im Westen nicht dürfen?

„Bakteriophagen“ sind Viren, die in der Umwelt überall vorkommen. Vor ca. 100 Jahren entdeckte der franko-kanadische Forscher Félix Huber d’Hérelle die Viren. Er entdeckte, dass sie speziell Bakterien infizieren und zum Platzen bringen. Während der (reiche) Westen sich seit der Entdeckung des ebenfalls hochwirksamen Penicillins auf die Fortentwicklung von chemischen Antibiotika konzentrierte, wurden die Bakteriophaen als biologische Antibiotika im Jahr 1930 von dem georgischen Forscher Prof. Georgi Eliava mit Hilfe von Félix d‘Hérelle, in Tiflis, Georgien, zur Anwendungsreife beim Menschen gebracht. In der Therapie multiresistenter Keime werden sie speziell auf Problemkeime wie staphylococcus aureus, pseudomonas aeruginosa, escherischia coli (E. coli) und andere gram-negative Keime hin abgerichtet. Im Wundgebiet appliziert, finden sie ihren „Wirt“ auch im entferntesten Knochensubstrat, infiltrieren ihn, vermehren sich in ihm und töten ihn schließlich ab. Finden sie ihren ganz speziellen „Wirt“ nicht mehr, können sie sich nicht mehr vermehren und gehen schließlich ein. Der Patient ist keimfrei, die Wunde kann endlich abheilen und der Patient wird wieder gesund. So einfach ist das nicht in jedem Fall, aber in sehr vielen Fällen.

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Phagentherapie-Bakterien-mit-Viren-bekaempfen,phagen101.html

Im Jahr 1936 wurde die erste Phagenmischung zur Bekämpfung der Cholera im Südosten der damaligen UdSSR kommerziell eingesetzt. Das „Georgyi-Eliava“-Institut in Tiflis versorgt seither bis heute ganz selbstverständlich die Patienten der ehemaligen Sowjetunion, und zwar Zivilpersonen, vor allem aber verletzte Soldaten, mit dieser billigen, einfachen, und hochwirksamen Therapie. In letzter Zeit werden auch westeuropäische Patienten von dort mitversorgt. Warum eigentlich?

In der EU sind solche Präparate als Fertig-Arzneien nicht zulassungsfähig, denn sie wirken individuell und müssen individuell hergestellt werden. Sie eignen sich deshalb nicht für die vorgeschriebenen, randomisierten Studien. In Polen, Russland und Georgien und neuerdings auch in Belgien* sind Phagenpräparate dagegen zugelassen und in Apotheken auf spezielles Rezept hin erhältlich, das lediglich den Bakterienstamm ausweisen muss.

*https://www.dw.com/de/phagen-bakterienfresser-aus-georgien-als-medizin-von-morgen/a-51309915

Warum gibt es in Deutschland keine Phagentherapie?

Diese Information ist so nicht richtig: Es gibt sie auch in Deutschland. In Deutschland darf jeder Arzt im Rahmen der Therapiefreiheit selbst hergestellte Medikamente am Patienten anwenden, ohne ein Zulassungsverfahren dafür durchlaufen zu müssen. Nur das Auf-den-Markt bringen ist ohne Zulassung nicht erlaubt. Wenn also eine Uniklinik über ein Institut für Mikrobiologie und eine hauseigene Apotheke verfügt, dann kann sie für jeden ihrer Patienten das geeignete Bakteriophagenpräparat ohne Zulassung durch das BfARM individuell herstellen und den Patienten damit behandeln. Der Arzt muss lediglich gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt nachweisen, dass das Herstellungsverfahren sicheren Standards entspricht.

Den rechtlichen Rahmen zu dem sog. „individueller Heilversuch“ liefern im Übrigen Art. 37 des Helsinki-Protokolls des Welt-Ärztebundes sowie § 21 Abs. 2 Ziff. 6 neue Fassung des  deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) im Rahmen des sog. „compassionate-use“ oder „off-label-use„. Dort heißt es:

„(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die […]
6. unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos* für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimitteln; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt. […]

https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/KlinischePruefung/CompassionateUse/_node.html

*Die Kosten müssen inzwischen von den Trägern der GKV übernommen werden.

Wenn es also zulässig ist, wo bekommt die Klinik dann in Deutschland die Virenstämme her?

Das Leibniz-Institut in Braunschweig hält die größte Sammlung an Mikroorganismen vor, darunter auch die inzwischen über 6000 bekannten Bakteriophagenstämme. Da ist für jedes Bakterium etwas Passendes dabei. Die Phagenlösungen werden vom Fraunhofer-Institut ITEM (= Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin), Braunschweig, speziell aufgereinigt und an die Krankenhausapotheken ausgeliefert, die dann die Lösung zur Anwendung am Patienten herstellen.

Auf diese Weise behandeln tatsächlich bereits mehrere deutsche Kliniken ihre Patienten seit mehreren Jahren mit speziell für den Keimbefall zusammengestellten Bakteriophagen-Cocktails: Dazu gehören die Klinik für Transplantationsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, die Charité und das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin:

https://www.mhh.de/kliniken-und-spezialzentren/httg/bakteriophagen;

https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst/aktuelles-im-sanitaetsdienst/forschung-wenn-viren-gegen-bakterien-helfen–4490782

Weitere Anwender sind Kliniken in Finnland und das Militärkrankenhaus „Reine Astrid“ in Brüssel. Belgien ist übrigens das einzige westeuropäische Land, das Phagenpräparate an der Europäischen Zulassungsbehörde vorbei zugelassen hat und sie auch exportiert, z.B. nach Frankreich. Warum also nicht auch nach Deutschland?

Stellt eine Klinik das spezielle Phagenpräparat selbst her, müssen die Kosten der Behandlung von den Trägern der GKV und der PKV übernommen werden. Das ist nicht so wild, denn die Therapie ist

  1. billig*,
  2. effizient (man braucht in der Regel nur 1 bis 2 Behandlungszyklen),
  3. einfach, und vor allem
  4. im Vergleich zu chemischen Antibiotika weitgehend nebenwirkungsfrei.

*ein Zyklus à 5 Ampullen kostet in einer Apotheke in Georgien beispielsweise umgerechnet € 90,-

Was bedeutet das für die Kliniken und die niedergelassenen Ärzte?

Nicht jedes Krankenhaus hat die Möglichkeit, Bakteriophagenlösungen selbst herzustellen, niedergelassene Ärzt*innen erst recht nicht. Aber Krankenhäuser mit einer eigenen Apotheke und natürlich alle Universitätskliniken, die etwas auf sich halten, können das und dürfen das auch. Für die behandelnden Ärzt*innen bedeutet das, dass die Gefahr einer Arzthaftung wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers aussetzen und sich sogar wegen einer unterlassene Hilfeleistung strafbar machen könnten, allerdings nicht, weil sie die Phagentherapie nicht selbst angewandt haben, sondern weil sie die Patienten nicht darüber aufgeklärt haben, dass es diesen Therapieansatz an bestimmten Kliniken in Deutschland gibt. Auf Wunsch des Patienten und je nach Kapazität dieser Kliniken müssen sie sie selbstverständlich auch dorthin einweisen.

Diese Möglichkeit der Behandlung ist den meisten Ärzt*innen allerdings herzlich unbekannt. Das allein ist schon skandalös, aber unser fabelhafter Gesundheitsminister hätte schon weit vor der Pandemie im Rahmen der Seuchenbekämpfung dafür sorgen können – und auch müssen – dass

  1. auch diese Seuche meldepflichtig wird, und
  2. dass die betroffenen Patient*innen im Inland adäquat behandelt werden können.

Hat er aber nicht. Die Behandlung mit Bakteriophagenpräparaten ist offenbar zu billig und zu effizient. Für die Pharma-Lobby daher uninteressant. Demgegenüber bringt die monatelange Behandlung von zig-tausenden Patienten mit teuren und ineffizienten Antibiotika natürlich wesentlich mehr Umsatz, der bei einer Zulassung von Phagen zwar nicht ganz, aber doch erheblich einbrechen würde.

Es ist mir wichtig, darüber zu berichten, damit Ärzt*innen wie Patient*innen und ihre Angehörigen erfahren, dass eine einfache, billige und kurative Behandlung bereits seit vielen Jahren auch im Inland und auf Kosten der Krankenkassen für jeden Patienten erreichbar ist.

Die Hilflosigkeit der Ärzt*innen in Deutschland, das massenhafte, unnötige Sterben und unendliche Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen in Deutschland kann so endlich ein Ende finden.

Bitte setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung, wenn Sie Näheres wissen möchten.

Bonn, den 28.06.2021/RA’in Barbara Brenner