BGH hält Prämienerhöhungen von privaten Krankenversicherungen nur bedingt für unwirksam

Prämienerhöhungen aufgrund von § 8b MB/KK 2009 bleiben zwar grundsätzlich wirksam; Privatversicherte können aber künftig verlangen, dass der Versicherer nachweist, dass die Veränderung der Kalkulationsgrundlage nicht nur vorübergehender Natur ist.

Karlsruhe, den 22.06.2022 – Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass Prämienerhöhungen einer privaten Krankenversicherung nach § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 (Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherungen) in Verbindung mit den Tarifbedingungen zu § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 wirksam sind. Nach diesen Vorschriften ist eine Erhöhung möglich, wenn ein Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung von 5 % über dem tariflich festgelegten Prozentsatz ergeben hat, während § 203 VV einen Schwellenwert von 10 % verlangt. Nach § 155 Abs. 3 Satz 2 VVG ist es den Versicherern erlaubt, auch einen niedrigeren als den in § 203 VVG festgelegten Schwellenwert festzusetzen, solange die Veränderung der Kalkulationsgrundlagen der Versicherungen wie

– gestiegene Gesundheitskosten,

– gestiegene individuelle Inanspruchnahme

und

-gestiegenes Lebensalter

nicht nur vorübergehender Natur sind. Davon hatte der private Krankenversicherer Gebrauch gemacht. Über die Zulässigkeit der Abweichung von der gesetzlichen Norm (5 % Schwellenwert statt 10 %) äußern sich weder § 155 VVG noch der BGH.

Das Landgericht Köln hatte die Klage eines Versicherten gegen diverse Prämienerhöhungen abgewiesen, das Oberlandesgericht Köln hatte der Klage aber zum Teil stattgegeben und die beklagte Privatversicherung zumindest teilweise zur Rückzahlung von Prämienanteilen verurteilt. Es hatte zum einen bemängelt, dass mehrere Prämienerhöhungen bereits wegen einer unzureichenden Begründung in den Mitteilungsschreiben nicht wirksam geworden seien (dies kann aber nachgeholt werden); weitere Prämienanpassungen hat es dagegen für endgültig unwirksam gehalten, weil die Beitragsanpassungsklausel des § 8b Abs. 1 und 2 der MB/KK insgesamt unwirksam sei.

Der BGH hat dies nicht bestätigt. Unwirksam sei nur der Abs. 2 dieser Klausel, weil er eine Prämienerhöhung auch bei einem nur vorübergehenden Anstieg de Kalkulationsgrundlagen ermöglicht, und weil er sie vor allem ins Belieben der Versicherung stelle („kann davon absehen“), wogegen Erhöhungen aufgrund eines nur vorübergehenden Anstiegs der Kalkulationsgrundlagen nach § 203 VVG gesetzlich ausgeschlossen seien. Von dieser Unwirksamkeit werde aber Abs. 1 der Klausel nicht erfasst. Dieser Absatz erlaube Prämienerhöhungen im Allgemeinen, sei deshalb aus sich heraus verständlich und könne auch ohne die Anordnungen des Abs. 2 selbständig bestehen bleiben. Demnach besteht nach den allgemeinen Grundsätzen der AGB-Klauselkontrolle kein Grund, die Unwirksamkeit eines Teils der Klausel auf die gesamte Klausel des § 8b MB/KK auszudehnen. Die Prämienerhöhungen waren demnach materiell gerechtfertigt, so der BGH.

Da das Oberlandesgericht zu den formellen Voraussetzungen der Prämienerhöhungen noch keine Feststellungen getroffen hatte, wurde das Urteil aufgehoben. Der Rechtstreit wurde zur weiteren Aufklärung an das OLG Köln zurückverwiesen, welches jetzt noch prüfen muss, ob die formellen Voraussetzungen für die Prämienerhöhungen erfüllt waren.

Privat Versicherte können künftig also verlangen, dass die private Versicherung nachweist, dass die Änderungen der Kalkulationsgrundlage nicht nur vorübergehender Natur sind, denn der Umstand der Nachhaltigkeit („bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung“) ist nach § 203 VVG Tatbestandsvoraussetzung für die Erhöhung.

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/2022095.html?nn=10690868

Vorinstanzen:

OLG Köln – Urteil vom 22. September 2020 – 9 U 237/19

LG Köln – Urteil vom 18. September 2019 – 23 O 392/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 203 VVG

(2) Ist bei einer Krankenversicherung das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. … Für die Änderung der Prämien, Prämienzuschläge und Selbstbehalte sowie ihre Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder gilt § 155 in Verbindung mit einer auf Grund des § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung.

§ 155 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)

(3) Das Versicherungsunternehmen hat für jeden nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Tarif zumindest jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen. Ergibt die der Aufsichtsbehörde und dem Treuhänder vorzulegende Gegenüberstellung für einen Tarif eine Abweichung von mehr als 10 Prozent, sofern nicht in den allgemeinen Versicherungsbedingungen ein geringerer Prozentsatz vorgesehen ist, hat das Unternehmen alle Prämien dieses Tarifs zu überprüfen und, wenn die Abweichung als nicht nur vorübergehend anzusehen ist, mit Zustimmung des Treuhänders anzupassen. …

§ 8b MB/KK 2009

(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. …

(2) Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.

Tarifbedingungen zu § 8b Abs. 1 MB/KK 2009

Ergibt die Gegenüberstellung nach Absatz 1 Satz 2 bei den Versicherungsleistungen eine Abweichung von mehr als 10 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst; bei einer Abweichung von mehr als 5 % können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Impf-Nachweispflicht für Pflegepersonal (sog. „einrichtungs- und unternehmensbezogene Impfnachweispflicht“)

Mit seinem Beschluss vom 27. April 2022 – 1 BvR 2649/21 – hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Einführung einer besonderen Impflicht für Ärzt+innen und Pflegepersonal durch die neu eingeführten Vorschriften der § 20a, § 22a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h des Infektionsschutzgesetzes (IfSG, früher: Bundesseuchengesetz) für verfassungsmäßig erklärt. Demnach sind bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege ab sofort verpflichtet, den Gesundheitsämtern eine COVID-19- Schutzimpfung, eine Genesung von der COVID-19-Krankheit oder eine medizinische Kontraindikation gegen eine Impfung für ihr Personal nachzuweisen (sogenannte „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“).

Auch wenn man einer generellen Impfpflicht grundsätzlich deutlich positiv gegenübersteht, wie die Verfasserin, muss man bei einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Beschluss zu dem Ergebnis kommen, dass das BVerfG bei seiner Überprüfung der Verhältnismäßigkeit dieser besonderen Impfpflicht deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben ist. Kritisch sieht die Verfasserin insbesondere

  • dass der Schutz der Patienten mit der Impfpflicht nur mäßig verbessert werden kann, Lücken sind also eingeplant,
  • dass die Impfrisiken nicht gegen den mäßigen Mehrwert abgewogen wurden, und
  • dass die Prüfung von PCR-Tests für ungeimpftes Personal als milderes Mittel bei gleichzeitig erheblich besserer Eignung zu oberflächlich vorgenommen wurde.

Sachverhalt:

Nach § 20a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG müssen Personen, die in bestimmten Einrichtungen oder Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege tätig sind, seit Ablauf des 15. März 2022 der jeweiligen Einrichtungs- oder Unternehmensleitung einen Nachweis darüber vorlegen, vollständig gegen COVID-19 geimpft oder davon genesen zu sein. Ausgenommen sind nur Personen mit einer medizinischen Kontraindikation. Wird kein ordnungsgemäßer Nachweis vorgelegt, hat die Einrichtungs- oder Unternehmensleitung unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Dieses kann dann gegenüber den betroffenen Personen nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot verfügen.

Personen, die erst ab dem 16. März 2022 in den in § 20a IfSG genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden sollen, haben vor Beginn ihrer Tätigkeit einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Andernfalls dürfen sie dort weder beschäftigt noch tätig werden. Verschiedene Einzelregelungen des § 20a IfSG sind bußgeldbewehrt (vgl. § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h IfSG).

20a IfSG und die zugehörigen Bußgeldregelungen treten zum 1. Januar 2023 – also mitten in der nächsten Welle – wieder außer Kraft (wenn sie nicht verlängert werden!)

Begründung:

Das Bundesverfassungsgericht ist der Meinung, die angegriffenen Vorschriften verletzten die Beschwerdeführer+innen nicht unverhältnismäßig in ihren Rechten, insbesondere in ihren Freiheitsrechten aus Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG. Die Verfassungsrichter+innen haben zwar durchaus gesehen, dass die Regelungen in die genannten Grundrechte eingreifen, und zwar durchaus auch erheblich; sie waren aber – sachverständig beraten – der Meinung, dass diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt seien, weil sie verhältnismäßig seien.

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 19 Abs. 4 GG. Demnach sind Grundrechtseingriffe stets darauf zu prüfen, ob sie

  • geeignet sind,
  • ein legitimes, d.h. verfassungsgemäßes Ziel des Staates zu erreichen,
  • und ob sie erforderlich sind, d.h. ob kein milderes Mittel mit gleicher Effizienz zur Verfügung steht.

Selbstverständlich sind auch die Wertigkeiten der betroffenen, sich gegenüberstehenden Werte und die Tiefe des Grundrechtseingriffs zu bewerten. Dabei darf z.B. der Kernbereich eines Grundrechts niemals angetastet werden. Das ist bei der Impfpflicht aber auch nicht der Fall.

Das Gericht hat eine Vielzahl von Sachverständigen Institutionen „angehört“, z.B.

  • das RKI – Rz. 50 ff,
  • das für die Zulassung und Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) (Rz 53 ff),
  • die Bundesärztekammer – Rz. 56ff,
  • die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung – Rz 58f,
  • die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) und das Helmholtz-Institut für Infektionsforschung (HZI) – Rz 60f,
  • die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie – Rz 62,
  • die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) – Rz 64,
  • die Deutsche Gesellschaft für Virologie (GfV) – Rz. 65f,

Sämtliche Institutionen haben bestätigt, dass ältere Patienten mit und hne Vorerkrankungen besonders empfindlich und häufiger mit schweren Verläufen auf eine Infektion mit SARS-COV 19 reagieren als jüngere Menschen. Sie haben aber auch bestätigt, dass es trotz der Impfung zu einer Neu-Infektion mit einer – teils sogar hohen – Belastung mit Viren kommen kann, die Kontagiosität also durch die Impfung nicht ausgeschlossen wird. Allerdings sei der Zeitraum der Kontagiosität kürzer.

Keine Institution hat sich zur Gefahrenlage potenzieller Impfschäden für die Betroffenen geäußert. Es ist deshalb anzunehmen, dass eine entsprechende Frage auch gar nicht gestellt wurde.

Bei der Frage, ob inwieweit PCR-Tests ein gleich – oder sogar besser – geeignetes Mittel zur Verhinderung der Ansteckung sind, hat das Gericht sich des Weiteren ausschließlich auf die – relativ betagten – Feststellungen in der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 20/188, S. 37) sowie auf ein Bulletin des RKI (Epidemiologisches Bulletin 17/21, S. 15) und 2 Lageberichte des RKI vom 2. und 9. Dezember 2021 zurückgezogen.

Das Gericht führt zu PCR-Tests als Alternative wörtlich aus:

Rz. 194:

„Insoweit sind PCR-Tests zwar zuverlässiger und zeigen eine Infektion bereits in einem früheren Infektionsstadium an. Verpflichtende PCR-Tests im Gesundheits-, Pflege- und Betreuungsbereich wären gleichwohl kein gleich geeignetes Mittel. So ist schon nicht gesichert, dass die hierfür notwendigen Testkapazitäten vorhanden sind. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (vgl. Wöchentliche Lageberichte vom 2. und 9. Dezember 2021, jeweils S. 27) arbeiteten die Labore schon bei Verabschiedung des Gesetzes teilweise an den Grenzen ihrer Auslastung. Dies ließ konkret besorgen, dass sie schon Anfang Dezember 2021 kaum mehr verlässlich eine zügige Testauswertung ermöglichen konnten.“

Rz. 195:

„Der Gesetzgeber durfte aber auch berücksichtigen, dass sich eingeschränkte und zunehmend angespannte Laborkapazitäten nachteilig auf andere Lebensbereiche auswirken können, in denen sich Personen testen lassen müssen. Ungeachtet dessen wären der zeitliche und organisatorische Aufwand sowie die Kosten von zwei bis drei wöchentlichen PCR-Tests immens, was – ebenso wie ein Ausbau der Testkapazitäten – mit einer erheblichen Belastung der Allgemeinheit einherginge. Der ganz überwiegenden Zahl der im Gesundheits-, Pflege- und Betreuungsbereich Tätigen könnten die entstehenden Kosten auch kaum auferlegt werden.“

und schließlich Rz. 196:

„Letztlich ist aber auch das Zeitfenster zwischen einer PCR-Testung und dem vorliegenden Testergebnis zu beachten. Denn die Dauer von der Infektion bis zum Beginn der eigenen Ansteckungsfähigkeit (Infektiosität) lässt sich nicht für jeden Einzelfall verlässlich bestimmen. Denkbar sind auch sehr kurze Intervalle bis zum Beginn der Ansteckungsfähigkeit, denn eine Ansteckung anderer Personen ist schon am Tag nach der eigenen Infektion oder sogar am selben Tag möglich (vgl. RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 26. November 2021). Daher kann eine Person selbst nach einer negativen PCR-Testung infektiös sein, weil sie sich jederzeit nach der Probenentnahme infizieren kann.“

Der Gesetzgeber habe damit im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums einen angemessenen Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern gefunden. Trotz der hohen Eingriffsintensität müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführer+innen letztlich zurücktreten, so das Bundesverfassungsgericht.

Wenngleich anzuerkennen ist, dass die Verfassungsrichter+innen auf 85 Seiten ein Lehrstück für die Abwägung von Grundrechtseingriffen abgeliefert haben, so sind sie bei der Ermittlung des Sachverhalts doch überraschend weit hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben.

Demnach beruht die Entscheidung vor allem darauf,

  1. dass mit PCR-Tests, die anerkanntermaßen eine höhere Sicherheit für die Patienten bieten, kein gleich oder besser geeignetes und weniger belastendes Mittel zur Verfügung steht,

und auf der Annahme,

  1. dass potenzielle Impfnebenwirkungen und Impfschäden als selten und grds. beherrschbar eingestuft wurden,

ad 1. – PCR-Tests als besser geeignetes Mittel

Das BVerfG hält PCR-Tests zwar auch für geeigneter, geht aber davon aus, dass die Laborkapazitäten nicht ausreichend zur Verfügung stehen und die Kosten im Übrigen unverhältnismäßig seien.

Der Umstand, dass PCR-Tests nicht als adäquate Alternative angesehen wurden, hätte aber einer weiteren Untersuchung bedurft:

  1. Zunächst enthält der Beschluss keinerlei Informationen darüber, wie hoch die vorhandenen Laborkapazitäten tatsächlich sind bzw. bei Verabschiedung des Gesetzes waren, und wie, bis wann und mit welchem Kostenaufwand sie ausgebaut werden könnten. Zum Zeit- und Kostenaufwand für den Ausbau der Laborkapazitäten sowie eventuelles Einsparpotenzial enthält der Beschluss keinerlei Informationen.
  2. Wenn andere Lebensbereiche, in denen diese Tests derzeit ebenfalls durchgeführt werden, eventuell vernachlässigt werden müssten, muss zunächst ermittelt werden, welche das sind, ob die Tests dort ebenso notwendig sind, welche Gefahren für die Allgemeinheit mit einem Wegfall konkret verbunden wären, ob man diese anders auffangen kann und ggfls., wie lange die Konkurrenzsituation andauern würde.
  3. Das Zeit-Gap zwischen Test und Testergebnis kann entschärft werden, wenn man die PCR-Tests jeweils NACH der Schicht durchführt, denn bis zum Beginn der neuen Schicht kann das Ergebnis bereits vorliegen, und die Gefahr, dass sich inzwischen eine kontagiöse Virenlast aufgebaut hat, scheint in dieser Zeit genauso hoch (bzw. niedrig) zu sein wie beim geimpften Personal. Den Vergleich zum geimpften Personal hat das Gericht insoweit versäumt.

Erst wenn zuverlässige Informationen hierzu vorliegen und die Effizienz von besser geeigneten Alternativ-Maßnahmen mit milderem Eingriff geprüft wurde, kann man den Grundrechtseingriff gegen das gesetzgeberische Ziel seriös abwägen.

Neu war für mich vor allem, dass das Gericht – soweit ersichtlich erstmalig – die Kostenbelastung eines besser geeigneten Mittels (PCR-Tests für das ungeimpfte Pflegepersonal) gegen den Grundrechtseingriff und die damit verbundenen Gefahren für die Gesundheit der Impfpflichtigen als höherwertig eingestuft hat.

Auch die Frage, bei wem die Kostenlast anfallen könnte, wurde nicht ausreichend geklärt. In Betracht kommt z.B. die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Diese hat nicht nur die Kosten für Unfallfolgen von Patienten in der Klinik zu decken, sondern auch die von Berufserkrankungen des Pflegepersonals und der Ärzt+innen. Es ist daher sachgerecht, ihr auch die Vermeidungskosten aufzuerlegen, zumal die Beiträge von den Einrichtungen bezahlt werden und die BGW nicht gerade an einer Knappheit von Mitteln leidet. Außerdem hätte eine Verteilung der Kostenlast auf die GKVen, die PKVen, den Fiskus und die BGW in Betracht gezogen werden können.

Da die Ansteckungsgefahr durch die Impfpflicht letztlich auch keinesfalls beseitigt, sondern nur reduziert wird, steht das Verhältnismäßigkeitsprinzip also nach wie vor in Frage.

ad 2. – Impfrisiken

Mit der Abwägung der Impfnebenwirkungen setzt sich der Beschluss zu Rzn. 222 – 227 auseinander. Das BVerfG hat sich dabei auf den Sicherheitsbericht des PEI vom 26.10.2021 verlassen. Demnach wurde nur bei 78 der im Zeitraum vom 27.12.2020 bis 30.09.2021 gemeldeten 1.919 Todesfall-Verdachtsmeldungen ein Zusammenhang mit der Impfung bescheinigt. Darauf und auf das Perikarditis- und Allergierisiko hätten die StIKO und die Ärzteverbände aber reagiert und die Impfempfehlung und die (Kontra-)Indikationskriterien entsprechend angepasst. Nicht erwähnt wurde, dass es keine Meldepflicht gibt, und die gemeldeten Fälle daher zufällig, nicht repräsentativ und schon gar nicht vollständig sind.

Das BVerfG führt dazu aus:

Rz. 227:

„Steht daher zu erwarten, dass solche von fachkundigen Stellen zeitnah nach entsprechenden Verdachtsmeldungen getroffenen Vorkehrungen die ohnehin geringen Impfrisiken noch weiter reduzieren, und ist zudem zu berücksichtigen, dass die im Verhältnis zur Gesamtzahl verabreichter Impfdosen bereits relativ geringe Melderate nicht die tatsächlich eingetretenen Impfrisiken abbildet, weil bei weitem nicht bei jeder Verdachtsmeldung ein Kausalzusammenhang mit der Impfung gesichert ist, kann davon ausgegangen werden, dass entsprechende Nebenwirkungen oder gravierende Folgen ganz überwiegend nicht eintreten. Dies schließt zwar nicht jede außergewöhnliche Impfreaktion aus, was auch der Gesetzgeber schon ausweislich von § 2 Nr. 11, §§ 60 ff. IfSG nicht in Abrede stellt. Bei der abwägungsgeleiteten Gegenüberstellung grundrechtlich geschützter Belange der von § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG Betroffenen einerseits und der vulnerablen Personen andererseits ist es gleichwohl verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, sondern vielmehr geboten, dass der Gesetzgeber nicht nur die Möglichkeit außergewöhnlicher Impfreaktionen und gravierender Folgen als solche einbezogen, sondern sich auch mit deren Wahrscheinlichkeit unter fortlaufender Beobachtung durch fachkundige Stellen wie dem Paul-Ehrlich-Institut befasst hat.“

Übersetzt heißt das nichts weniger als

„Auch um eine nur mittelmäßige Verbesserung des Schutzes der Patienten zu erreichen, müssen Ärzt+innen und Pflegepersonal sich einem Gesundheits-Risiko aussetzen oder ihren Beruf aufgeben, weil uns bessere Maßnahmen (PCR-Tests) zu aufwändig erscheinen.“

Thesen:

  1. Nach den Feststellungen des BVerfG kann auch nicht geimpftes Personal die Infektion an die Patienten weitergeben. Dies kann letztlich nur durch PCR-Tests vermieden werden. Das Gericht hat zur Frage der Kapazitäten und der Kosten aber keine Datenlage angefragt und ist pauschal davon ausgegangen, die Kosten seien unverhältnismäßig. Das hätte einer genaueren Untersuchung bedurft, insbesondere zu den Fragen
    • wie hoch die vorhandenen Laborkapazitäten tatsächlich sind,
    • bis wann und mit welchem Kostenaufwand sie ggfls. ausgebaut werden könnten,
    • ob man die Kosten zwischen den GKV’en, den PKV‘en, dem Fiskus und der BG aufteilen könnte,
    • welche anderen andere Lebensbereiche von PCR-Tests in der Zwischenzeit entlastet werden könnten,
    • u. a.

 

  1. Durch die Vernachlässigung der PCR-Tests als Alternative zur Vermeidung von Ansteckungen in den Pflegeeinrichtungen hat die Bundesregierung ihren Gestaltungsspielraum bei der Eingrenzung der Gefahr für die Patienten durch das ärztliche und Pflegepersonal bei weitem nicht ausgeschöpft, denn

 

  1. Das Verfassungsgericht hätte alle Möglichkeiten gehabt, zum Ausbau oder zur Umschichtung der Laborkapazitäten weitere Daten zu verlangen, hat es aber nicht. Das Verfassungsgericht ist in diesem Punkt also weit hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben. Ich persönlich hatte das Gericht bei Grundrechtseingriffen, die noch dazu mit nicht unerheblichen Gefahren für Leib und Leben der Betroffenen einhergehen können, als gründlicher in Erinnerung.

 

  1. Obwohl die Verfasserin als staatlich examinierte Krankenschwester Impfungen ausdrücklich befürwortet, ist die partielle Impfpflicht jedenfalls (noch) nicht grundrechtskonform gelungen; das Ziel, die Patienten ausreichend zu schützen, wird durch die partielle Impfpflicht allein mit Sicherheit verfehlt.

 

  1. Insbesondere, wenn man den Nebeneffekt einkalkuliert, dass bis zur Beendigung der Maßnahme am 31.12.2022 noch weniger Pflegepersonal am Krankenbett arbeiten wird, und weitere Menschen sich aus Enttäuschung aus dem Beruf zurückziehen wird, darf diese Maßnahme als kontraproduktiv und als politischer Aktionismus und Missgriff eingestuft werden.

Fazit für die Kliniken und Pflegeeinrichtungen:

Unabhängig von einer gesetzlichen Impfpflicht schulden die Kliniken ihren Patienten aus dem Behandlungsvertrag den bestmöglichen Schutz vor Ansteckung. Da der Einsatz von geimpftem Personal ohne PCR-Tests aber unstreitig nur mittelmäßigen Schutz bietet und durchaus Lücken lässt, reicht es möglicherweise vertragsrechtlich gar nicht aus, allein auf Impfung + Maske abzustellen. Aus dem Behandlungsvertrag folgt deshalb möglicherweise sowieso die Pflicht, tägliche PCR-Tests für alle, auch für das geimpfte Personal, anzuordnen. Es ist nicht sicher, ob der BGH in Haftungssachen allein die Kosten für solche Tests als ausreichend ansehen wird, Dispens zu erteilen und die Patienten weiterhin ganz bewusst einer nicht unerheblichen Gefahr der Ansteckung auszusetzen. Die Klinken sind deshalb gut beraten, sich Laborkapazitäten zu sichern; die Aufgabe der Kliniklobbyisten ist es, dafür zu sorgen, dass die Kosten hierfür gesetzlich den GKV’en und PKV‘en, dem Fiskus und/oder der BGW auferlegt oder unter allen aufgeteilt werden.

Das, und eine 5-jährige Befreiung von der Lohnsteuerpflicht (!), wären Ausdruck einer Anerkennung des Pflegeberufes und könnten – zusammen mit flexiblen Arbeitszeiten und fröhlichen Tages- und Nachteinrichtungen für die Kinder der Ärzt+innen, Schwestern und Pfleger – dafür sorgen, dass qualifiziertes ärztliches und Pflegepersonal wieder in die Kliniken zurückströmt und wieder Freude am Beruf entwickelt. Die Entscheidung des Gesetzgebers und der Beschluss des BVerfG tragen jedenfalls nicht dazu bei.

Stichtag 01.07.2021 – Neues für Creditmanager

– Die neuen P-Konto-Freibeträge sind in Kraft:
Schuldner können (und müssen auch!) einen Berichtigungsantrag stellen!

– Die neue Lohnpfändungstabelle ist in Kraft:
Die neuen Pfändungsfreigrenzen sind vom Arbeitgeber von Amts wegen zu beachten, und zwar auch dann, wenn kein Berichtigungsantrag eingeht! Bekommt der Gläubiger zuviel ausbezahlt, kann der Schuldner wegen des Differenzbetrages Verzugszinsen und Verzugsschaden (also Anwaltsgebühren für das Aufforderungsschreiben!) geltend machen.

– Der Basiszinssatz bleibt unverändert bei -0,88 %
Ich darf allerdings daran erinnern, dass der Verzugszinssatz seit 2014 für Entgeltforderungen im b2b-Geschäft 9 Prozentpunkte über dem o.g. Basiszinssatz der EZB lautet (viele AGB sehen noch 8 Prozentpunkte vor!). Bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen tritt erst am 61. Tag Verzug ein, d.h. die Verzugszinsen können auch erst ab dem 61. Tag berechnet werden.
Im b2b-Geschäft gewährt das Gesetz Ihnen allerdings vom Zeitpunkt der Lieferung an bis zum Eintritt des Verzugs einen Überbrückungszins in Höhe von 5 % fix (sog. „Fälligkeitszins„, §§ 352, 353 HGB). Dieser Zinszeitraum ist in den Formular-Mahnanträgen der Justizverwaltungen leider nicht vorgesehen. Diese Zinsen müssen deshalb später, nach Übergang ins Klageverfahren im Wege der Klageerweiterung gesondert eingeklagt werden.

Bei Forderungsanmeldungen im Insolvenzverfahren können Sie diese Fälligkeitszinsen aber durchaus mit geltend machen, auch wenn Sie das vorher noch nicht von Ihrem Schuldner beansprucht hatten. Sie müssen dazu nur die Fälligkeitsvoraussetzungen nachweisen (Übergabe der Ware, Zugang der Rechnung). Zahlungsziele hindern Sie daran jedenfalls nicht.

Forderungsabtretung und Durchsetzung von Gläubigerrechten als Inkassodienstleistung nach Insolvenz von Air Berlin zulässig

Urteil vom 13. Juli 2021 – II ZR 84/20

Der II. Zivilsenat hat heute entschieden, dass ein sogenanntes Sammelklage-Inkasso zulässig ist. In dem vorliegenden Fall wurden Gläubigerrechte, hier die Schadensersatzansprüche aus der Geschäftsführerhaftung wegen Insolvenzverschleppung (§ 15b InsO, früher: § 64 GmbHG), an das klagende Inkassounternehmen abgetreten und von diesem – gegen Provision – im Wege einer „Sammel“-Klage gerichtlich geltend gemacht.

Zu klären war hier zunächst die Frage, ob die Klage zulässig war, d.h., ob das Inkassounternehmen berechtigt war, sich Forderungen abtreten zu lassen und diese gegen Provision gerichtlich geltend zu machen.

Der BGH hat diese Befugnis dem Grundsatz nach bejaht, zur Provision allerdings keine Aussage getroffen. Eine Provisionsnahme ist Anwälten bislang nicht erlaubt.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist als Rechtsdienstleisterin für Inkassodienstleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) registriert. Auf einer von ihr betriebenen Webseite warb sie dafür, Ansprüche gegen die zwischenzeitlich insolvente Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35% der Nettoerlöse aus dem Forderungseinzug erhalten.

Aus abgetretenem Recht hat die Klägerin Schadensersatzansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe (Insolvenzverschleppung, Geschäftsführerhaftung, § 15b InsO). Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die hier zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin von ihrer Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen zu erbringen. Vom Inkassobegriff der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG werden Geschäftsmodelle miterfasst, die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen. Dies gilt auch für das sogenannte Sammelklage-Inkasso, bei dem mehrere Forderungen gesammelt und gebündelt gerichtlich geltend gemacht werden.

Weder dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 RDG lässt sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechtsdienstleistungen sind. Bei einer am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, orientierten Würdigung erfasst der Begriff der Inkassodienstleistung unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung von Forderungen abzielen, selbst wenn dazu eine Vielzahl von Einzelforderungen gebündelt werden.

Der Klägerin ist ihre Tätigkeit auch nicht wegen der Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht nach § 4 RDG verboten. Ein Interessenkonflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.

Da der Klägerin mit dem Sammelklage-Inkasso kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zur Last fiel, war die zwischen den Kunden von Air Berlin und der Klägerin vereinbarte Abtretung wirksam. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Kammergericht in Berlin zurückverwiesen, damit weitere Feststellungen zum Bestehen der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung nachgeholt werden können.

Das Urteil in der Entscheidungssammlung des BGH als PDF: Urteil des II. Zivilsenats vom 13.7.2021 – II ZR 84/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) – Anwendungsbereich

(1) 1Dieses Gesetz regelt die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. 2Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.

[…]

  • 2 RDG – Begriff der Rechtsdienstleistung

(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

(2) 1Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). […]

  • 3 RDG – Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen

Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

  • 4 Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht

Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird.

  • 10 RDG Rechtsdienstleistungen aufgrund besonderer Sachkunde

(1) 1Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:

  1. Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1),

[…]

Vorinstanzen:

Landgericht Berlin – Urteil vom 31. Juli 2019 – 26 O 355/18

Kammgericht – Urteil vom 3. April 2020 – 14 U 156/19

Quelle:

Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2021

Diebstahl der Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Berliner Bode-Museum aufgeklärt, Täter rechtskräftig verurteilt

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat hat über die Revisionen von zwei Angeklagten entschieden, die an dem Diebstahl der 100 Kg schweren Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Berliner Bode-Museum beteiligt waren.

Und das war passiert:

Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeitete einer der Angeklagten als Aufsichtsperson im Berliner Bode-Museum, in dem die etwa 100 kg schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“ im Wert von ungefähr 3,3 Millionen Euro ausgestellt war. Hiervon sowie von Schwachstellen in der Alarmsicherung des Museums berichtete der Angeklagte dem mit ihm befreundeten Mitangeklagten. Dieser begab sich am frühen Morgen des 27. März 2017 zusammen mit einem Cousin und einer unbekannt gebliebenen Person auf die Hochbahngleise der Berliner Stadtbahn, die unmittelbar an einen Dachvorsprung des Museums grenzen. Von dort kletterten sie zum Fenster eines Umkleideraums, das der im Museum beschäftigte Angeklagte unbemerkt offengelassen hatte, und gelangten so in das Innere. Unterrichtet über die räumlichen Verhältnisse und die Kontrollroute des Wachmanns, während der die Alarmanlage deaktiviert war, gelangten sie unbemerkt zu der in einer Glasvitrine ausgestellten Goldmünze. Sie zerschlugen das Glas und brachten mit einem Rollbrett und einer Schubkarre das Diebesgut über das Einstiegsfenster und die Bahngleise bis zu einer Stelle, an der sie die Münze von den Gleisen warfen, sich selbst abseilten und mit dem Fahrzeug eines weiteren Tatbeteiligten flüchteten. Die Münze wurde kurz nach der Tat zerteilt und einzelne Teile stückweise verkauft. Der Verbleib des Goldes konnte nicht festgestellt werden.

Ihre Verurteilungen haben beide Angeklagten mit Sachrügen, einer von ihnen zudem mit einer Verfahrensrüge, angegriffen. Der 5. Strafsenat hat beide Rechtsmittel verworfen. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben, auch das Verfahren war nicht zu beanstanden. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

BGH, Beschluss vom 24. Juni 2021 – 5 StR 67/21

Vorinstanz:

Landgericht Berlin – Urteil vom 20. Februar 2020 – 509 KLs 233 Js 1601/17 (41/18)

Quelle:

Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Mitteilung vom 13. Juli 2021

Behandlung von Krankenhauskeimen mit Bakteriophagen – billig, effizient und auch in Deutschland zulässig

Künstliches Hüftgelenk? Herzkatheter? Heute alles Routine-Operationen. Aber: Die Wunde heilt und heilt nicht. Ein sicherer Hinweis auf eine Infektion mit einem Krankenhauskeim. Der Abstrich bestätigt den schlimmen Verdacht: multiresistenter stapyhlococcus aureus (MRSA), besser bekannt unter der Bezeichnung „Krankenhauskeim“.

 

Die Medien berichten bereits seit Jahren über die Seuche der sog. „Krankenhauskeime“ in deutschen Kliniken. Ca. 15.000 Patienten sterben angeblich immer noch jährlich an dieser Seuche, freilich erst nach langem und elendem Siechtum. Und die Dunkelziffer ist hoch. Typische Einfallstore sind orthopädische Operationen am Knochen und den Gelenken, Herzkatheter, aber auch einfache Infusionszugänge (Viggo, ZVK u.a.) schleppen den Keim ein. Eine monatelange Therapie mit chemischen Antibiotika schließt sich an, ist aber in aller Regel nicht kurativ. Das heißt, die Infektion blüht bei nächster Gelegenheit wieder auf, macht Abszesse und frisst sich weiter. Ist erst mal das Knochengewebe befallen, ist eine Amputation fast nicht mehr zu vermeiden. Und selbst die ist nicht sicher kurativ. Die Ärzte sind hilflos: Weder können sie die Infektionen durch Hygienemaßnahmen verhindern (jedenfalls nicht in Deutschland), noch ist die Seuche behandelbar.

Diese Seuche ist wohlweislich auch nicht meldepflichtig, weil sich dann behördliche Maßnahmen bis zur Schließung ganzer Abteilungen und Kliniken, Berufsverbote für Träger der Seuche etc. anschließen müssten.

Sie wird in der Klinik übertragen (daher der Name), und zwar durch Hände, Katheter, Kanülen, unzureichend sterilisiertes OP-Besteck, infizierte Klimaanlagen in OP-Sälen und auf Intensivstationen. Das Klinikpersonal gilt in Deutschland als weitestgehend durchseucht und als Hauptursache für die Übertragung. Chemische Antibiotika helfen nicht, neue chemische Antibiotika sind nicht in Sicht. Die Seuche greift also ungehindert weiter um sich.

Dabei gibt es Abhilfe: Mit der sog. „Phagentherapie“, einer biologischen Antibiose, könnten viele dieser Patienten heute noch am Leben und wieder gesund und munter sein, etliche teure und quälende Krankenhausaufenthalte und sogar Amputationen können einfach und kostengünstig vermieden werden.

Diese Art der Therapie wird im gesamten Ostblock seit fast 100 Jahren erfolgreich angewendet und wurde dort auch ständig weiterentwickelt. Dort gibt es Phagenpräparate inzwischen in jeder Apotheke auf Rezept.

Was ist „Phagentherapie“ und was kann der Ostblock, was wir im Westen nicht dürfen?

„Bakteriophagen“ sind Viren, die in der Umwelt überall vorkommen. Vor ca. 100 Jahren entdeckte der franko-kanadische Forscher Félix Huber d’Hérelle die Viren. Er entdeckte, dass sie speziell Bakterien infizieren und zum Platzen bringen. Während der (reiche) Westen sich seit der Entdeckung des ebenfalls hochwirksamen Penicillins auf die Fortentwicklung von chemischen Antibiotika konzentrierte, wurden die Bakteriophaen als biologische Antibiotika im Jahr 1930 von dem georgischen Forscher Prof. Georgi Eliava mit Hilfe von Félix d‘Hérelle, in Tiflis, Georgien, zur Anwendungsreife beim Menschen gebracht. In der Therapie multiresistenter Keime werden sie speziell auf Problemkeime wie staphylococcus aureus, pseudomonas aeruginosa, escherischia coli (E. coli) und andere gram-negative Keime hin abgerichtet. Im Wundgebiet appliziert, finden sie ihren „Wirt“ auch im entferntesten Knochensubstrat, infiltrieren ihn, vermehren sich in ihm und töten ihn schließlich ab. Finden sie ihren ganz speziellen „Wirt“ nicht mehr, können sie sich nicht mehr vermehren und gehen schließlich ein. Der Patient ist keimfrei, die Wunde kann endlich abheilen und der Patient wird wieder gesund. So einfach ist das nicht in jedem Fall, aber in sehr vielen Fällen.

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Phagentherapie-Bakterien-mit-Viren-bekaempfen,phagen101.html

Im Jahr 1936 wurde die erste Phagenmischung zur Bekämpfung der Cholera im Südosten der damaligen UdSSR kommerziell eingesetzt. Das „Georgyi-Eliava“-Institut in Tiflis versorgt seither bis heute ganz selbstverständlich die Patienten der ehemaligen Sowjetunion, und zwar Zivilpersonen, vor allem aber verletzte Soldaten, mit dieser billigen, einfachen, und hochwirksamen Therapie. In letzter Zeit werden auch westeuropäische Patienten von dort mitversorgt. Warum eigentlich?

In der EU sind solche Präparate als Fertig-Arzneien nicht zulassungsfähig, denn sie wirken individuell und müssen individuell hergestellt werden. Sie eignen sich deshalb nicht für die vorgeschriebenen, randomisierten Studien. In Polen, Russland und Georgien und neuerdings auch in Belgien* sind Phagenpräparate dagegen zugelassen und in Apotheken auf spezielles Rezept hin erhältlich, das lediglich den Bakterienstamm ausweisen muss.

*https://www.dw.com/de/phagen-bakterienfresser-aus-georgien-als-medizin-von-morgen/a-51309915

Warum gibt es in Deutschland keine Phagentherapie?

Diese Information ist so nicht richtig: Es gibt sie auch in Deutschland. In Deutschland darf jeder Arzt im Rahmen der Therapiefreiheit selbst hergestellte Medikamente am Patienten anwenden, ohne ein Zulassungsverfahren dafür durchlaufen zu müssen. Nur das Auf-den-Markt bringen ist ohne Zulassung nicht erlaubt. Wenn also eine Uniklinik über ein Institut für Mikrobiologie und eine hauseigene Apotheke verfügt, dann kann sie für jeden ihrer Patienten das geeignete Bakteriophagenpräparat ohne Zulassung durch das BfARM individuell herstellen und den Patienten damit behandeln. Der Arzt muss lediglich gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt nachweisen, dass das Herstellungsverfahren sicheren Standards entspricht.

Den rechtlichen Rahmen zu dem sog. „individueller Heilversuch“ liefern im Übrigen Art. 37 des Helsinki-Protokolls des Welt-Ärztebundes sowie § 21 Abs. 2 Ziff. 6 neue Fassung des  deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) im Rahmen des sog. „compassionate-use“ oder „off-label-use„. Dort heißt es:

„(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die […]
6. unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos* für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimitteln; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt. […]

https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/KlinischePruefung/CompassionateUse/_node.html

*Die Kosten müssen inzwischen von den Trägern der GKV übernommen werden.

Wenn es also zulässig ist, wo bekommt die Klinik dann in Deutschland die Virenstämme her?

Das Leibniz-Institut in Braunschweig hält die größte Sammlung an Mikroorganismen vor, darunter auch die inzwischen über 6000 bekannten Bakteriophagenstämme. Da ist für jedes Bakterium etwas Passendes dabei. Die Phagenlösungen werden vom Fraunhofer-Institut ITEM (= Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin), Braunschweig, speziell aufgereinigt und an die Krankenhausapotheken ausgeliefert, die dann die Lösung zur Anwendung am Patienten herstellen.

Auf diese Weise behandeln tatsächlich bereits mehrere deutsche Kliniken ihre Patienten seit mehreren Jahren mit speziell für den Keimbefall zusammengestellten Bakteriophagen-Cocktails: Dazu gehören die Klinik für Transplantationsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, die Charité und das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin:

https://www.mhh.de/kliniken-und-spezialzentren/httg/bakteriophagen;

https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst/aktuelles-im-sanitaetsdienst/forschung-wenn-viren-gegen-bakterien-helfen–4490782

Weitere Anwender sind Kliniken in Finnland und das Militärkrankenhaus „Reine Astrid“ in Brüssel. Belgien ist übrigens das einzige westeuropäische Land, das Phagenpräparate an der Europäischen Zulassungsbehörde vorbei zugelassen hat und sie auch exportiert, z.B. nach Frankreich. Warum also nicht auch nach Deutschland?

Stellt eine Klinik das spezielle Phagenpräparat selbst her, müssen die Kosten der Behandlung von den Trägern der GKV und der PKV übernommen werden. Das ist nicht so wild, denn die Therapie ist

  1. billig*,
  2. effizient (man braucht in der Regel nur 1 bis 2 Behandlungszyklen),
  3. einfach, und vor allem
  4. im Vergleich zu chemischen Antibiotika weitgehend nebenwirkungsfrei.

*ein Zyklus à 5 Ampullen kostet in einer Apotheke in Georgien beispielsweise umgerechnet € 90,-

Was bedeutet das für die Kliniken und die niedergelassenen Ärzte?

Nicht jedes Krankenhaus hat die Möglichkeit, Bakteriophagenlösungen selbst herzustellen, niedergelassene Ärzt*innen erst recht nicht. Aber Krankenhäuser mit einer eigenen Apotheke und natürlich alle Universitätskliniken, die etwas auf sich halten, können das und dürfen das auch. Für die behandelnden Ärzt*innen bedeutet das, dass die Gefahr einer Arzthaftung wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers aussetzen und sich sogar wegen einer unterlassene Hilfeleistung strafbar machen könnten, allerdings nicht, weil sie die Phagentherapie nicht selbst angewandt haben, sondern weil sie die Patienten nicht darüber aufgeklärt haben, dass es diesen Therapieansatz an bestimmten Kliniken in Deutschland gibt. Auf Wunsch des Patienten und je nach Kapazität dieser Kliniken müssen sie sie selbstverständlich auch dorthin einweisen.

Diese Möglichkeit der Behandlung ist den meisten Ärzt*innen allerdings herzlich unbekannt. Das allein ist schon skandalös, aber unser fabelhafter Gesundheitsminister hätte schon weit vor der Pandemie im Rahmen der Seuchenbekämpfung dafür sorgen können – und auch müssen – dass

  1. auch diese Seuche meldepflichtig wird, und
  2. dass die betroffenen Patient*innen im Inland adäquat behandelt werden können.

Hat er aber nicht. Die Behandlung mit Bakteriophagenpräparaten ist offenbar zu billig und zu effizient. Für die Pharma-Lobby daher uninteressant. Demgegenüber bringt die monatelange Behandlung von zig-tausenden Patienten mit teuren und ineffizienten Antibiotika natürlich wesentlich mehr Umsatz, der bei einer Zulassung von Phagen zwar nicht ganz, aber doch erheblich einbrechen würde.

Es ist mir wichtig, darüber zu berichten, damit Ärzt*innen wie Patient*innen und ihre Angehörigen erfahren, dass eine einfache, billige und kurative Behandlung bereits seit vielen Jahren auch im Inland und auf Kosten der Krankenkassen für jeden Patienten erreichbar ist.

Die Hilflosigkeit der Ärzt*innen in Deutschland, das massenhafte, unnötige Sterben und unendliche Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen in Deutschland kann so endlich ein Ende finden.

Bitte setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung, wenn Sie Näheres wissen möchten.

Bonn, den 28.06.2021/RA’in Barbara Brenner

Überbrückungshilfe III Plus: Bund sponsort Anwalts- und Gerichtskosten für außergerichtlichen Restrukturierungsplan

„Überbrückungshilfe III Plus“ oder Außergerichtlicher Restrukturierungsrahmen: Bundesregierung verlängert und erhöht nicht nur die Corona-Überbrückungshilfen, sondern stellt (alternativ) auch Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 20.000 Euro pro Monat (!) für die insolvenzabwendende Restrukturierung von Unternehmen in einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zur Verfügung!

Berlin, 09.06.2021 – Die Bundesregierung hat die Verlängerung und Erhöhung der Corona-Wirtschaftshilfen bis zum 30. September 2021. Der Staat zahlt denjenigen Unternehmen eine Restart-Prämie, die Mitarbeiter früher aus der Kurzarbeit holen oder Beschäftigte neu einstellen. Und schließlich wird die Neustarthilfe für Soloselbständige auf bis zu 12.000 Euro für die ersten drei Quartale dieses Jahres verlängert und erhöht.

Die Bundesregierung erhöht auch die Obergrenze für die Förderung im Rahmen der „Überbrückungshilfe III“ und der „Überbrückungshilfe III Plus“. Künftig können Unternehmen, die von staatlichen Schließungsmaßnahmen direkt oder indirekt betroffen sind, bis zu 40 Mio. Euro als Schadensausgleich im Rahmen der Überbrückungshilfe geltend machen. Grundlage dafür ist die „Bundesregelung Schadensausgleich“, die von der Europäischen Kommission auf Antrag der Bundesregierung hin genehmigt wurde. Zusammen mit der bislang geltenden Obergrenze von bis zu 12 Mio. Euro beträgt der maximale Förderbetrag künftig in der „Überbrückungshilfe III“ und der „Überbrückungshilfe III Plus“ 52 Mio. Euro.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier versteht das als ein wichtiges Signal, damit alle Unternehmen nach der Krise wieder Gas geben können. Aber können sie das oder stehen sie dann vor einem unüberwindlichen Berg von Schulden. Soll die Insolvenzwelle damit nur auf die Zeit nach der Wahl verschoben werden?

Sollten Unternehmer*innen jetzt also weitere Überbrückungshilfen in Anspruch nehmen, oder ist es Zeit für einen vorausschauenden – außergerichtlichen – Schuldenerlass?

Die Bundesregierung stellt Hilfen für beides zur Verfügung: Der Staat gewährt nicht nur weitere Überbrückungshilfen bis September, sondern ersetzt über das Programm „Restrukturierungshilfe III Plus“ alternativ auch Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 20.000 Euro pro Monat (!) für die insolvenzabwendende Restrukturierung von Unternehmen in einer drohenden Zahlungsunfähigkeit.

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/06/20210609-bundesregierung-verlaengert-ueberbrueckungshilfen-bis-september.html

Wenn die anderen nach dem Auslaufen der Überbrückungshilfen am Ende der Liquiditätskrise angekommen sind, segeln frisch schuldbefreite Unternehmer*innen mit ihrem Unternehmen elegant an den anderen vorbei: Gut ausgeschlafen, weil ohne privates Haftungsrisiko und ohne Angst vor dem Staatsanwalt. Wie hätten SIE es gern?

Sprechen Sie uns an, wir schauen uns Ihre Situation unverbindlich an. Sie entscheiden.

COVInsAG: Wer ist eigentlich von der Insolvenzantragspflicht derzeit befreit?

Schätzungsweise nur rund 20 Prozent der Unternehmen sind tatsächlich berechtigt, die Antragspflicht auszusetzen.

Trotzdem wird von der Regierung gern der Eindruck vermittelt, dass niemand einen Insolvenzantrag stellen muss, wenn er wegen der Corona-Krise zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Das Gegenteil ist leider der Fall!

Zitat: Patrik-Ludwig Hantzsch, Pressesprecher Leiter Wirtschaftsforschung Creditreform, im Interniew mit der WELT online vom 04.03.2021

Woran liegt das?

Nun, der Gesetzgeber hat die Geschäftsführer und Vorstände nur unter ganz engen Bedingungen trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung von der Insolvenzantragspflicht befreit. Dafür müssen die Geschäftsführer und Vorstände noch Jahre später nachweisen können, dass ihr Unternehmen am 31.12.2019 noch völlig gesund, also weder drohend zahlungsunfähig noch überschuldet war, und dass es im Übrigen nachhaltig sanierungsfähig war. Dafür müssen sie dermaleinst eine belastbaren Liquiditätsstatus per 31.12.2019 vorlegen können sowie eine belastbare Liquiditätsplanung für die kommenden 24 Monate, und zwar  unter Einbeziehung der Bezahlung der Rückstände und der Zinsen. Diese Bedingungen erfüllen die meisten betroffenen Unternehmen gar nicht, und das wußte die Bundesregierung auch, als sie das Gesetz entworfen hat:

Nach Einschätzung der Bundesregierung wird sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2021 deutlich erhöhen. Aktuelle Experteneinschätzungen (z.B. Bundesbank, IW Köln, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Creditreform) gehen davon aus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Jahr 2019 […] um eine vierstellige, gegebenenfalls sogar niedrige fünfstellige Zahl an Unternehmensinsolvenzen ansteigen könnte. […].

Zitat: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 25.01.2021, BT-Drucksache 19/26094

Die Bundesregierung handelte also mit Vorsatz, als sie die Lockdown-Entscheidungen getroffen hat. Man kann nur hoffen, dass kein milderes Mittel zur Verfügung stand, sonst hagelt es Schadensersatzansprüche, und die Insolvenzverwalter sind nicht dafür bekannt, dass sie bei der Realisierung von Schadensersatzansprüchen zimperlich vorgehen.

Gefährlich ist das aber nur für GmbH-Geschäftsführer, Vorstände von Aktiengesellschaften etc. Diese geraten durch den Irrtum, es gebe eine generelle Suspendierung der Insolvenzantragspflichten in eine gefährliche persönliche Schieflage, denn die Insolvenzordnung ist unerbittlich:

  • Sie haften persönlich für sämtliche Ausgaben, die die Gesellschaft getätigt hat (§ 15b InsO),
  • sie haften persönlich für Steuerrückstände (§ 69 AO),
  • sie haften persönlich für rückständige Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung und werden dafür sogar noch strafrechtlich verfolgt, sind also vorbestraft (§ 266a StGB).

Das möchten Sie nicht. Nutzen Sie also lieber bequem die Vorteile eines Insolvenzverfahrens für den Schuldenabbau, haften Sie niemals persönlich und machen Sie sich auch lieber nicht strafbar. Nutzen Sie Fördergelder lieber für einen Neustart als für eine Tilgung von Schulden, die aus der Pandemie herrühren, und wenn Sie dadurch ein blühendes Unternehmen verloren haben, nehmen Sie den Staat auf Schadensersatz in Anspruch!

Als Haftungs“partner“ für die Insolvenzverwalter kommen übrigens neuerdings auch gerne die Steuerberater in Betracht, die den Jahresabschluss 2020 auch in Corona-Zeiten möglicherweise zu Unrecht unter Fortführungs-Ansätzen aufstellen. Hierzu hat der BGH im Jahre 2017 erstmals deutlich Stellung bezogen:

Besteht ein Insolvenzgrund, weil sie (Anm.: die Gesellschaft) überschuldet oder zahlungsunfähig ist, liegen regelmäßig tatsächliche Gegebenheiten im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB vor, die der Regelvermutung einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen. Er (Anm.: der Steuerberater) darf jedoch dem von ihm erstellten Jaresabschluss keine Fortführungswerte zugrunde legen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden. (…) Dabei darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen.

BGH, Urt. v. 26.01.2017 – IX ZR 285/14

Seitdem bereitet es den Verwalterkanzleien großes Vergnügen, neben dem Geschäftsführer immer auch den Steuerberater / die Steuerberaterin des Unternehmens in Mithaftung zu nehmen, denn es geht oft um 6-stellige Beträge. Und die Steuerberater sind immerhin entsprechend liquide, zumindest aber versichert, nimmt man an.

Aber Vorsicht Allianz versichert: Die Allianz nimmt gerne Vorsatz an, wenn der Steuerberater Pflichten, die ihm ja bekannt sind, verletzt, denn bei Vorsatz muss sie nicht einstehen. Aus diesem Grunde und sie lehnt die Haftung textbausteinmäßig wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung ab. SO macht man Gewinne!

Insolvenz von Selbständigen wegen COVID? Zügige Restschuldbefreiung weiterhin nur durch Insolvenzplan möglich

In aller Eile hat der Deutsche Bundestag zum 01.01.2021 etliche Gesetze in Kraft gesetzt, mit der das Insolvenzverfahren in Deutschland erheblich verändert wurde. Dazu gehörte – ganz unabhängig von der COVID-Pandemie – das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vom 20.12.2020. Mit diesem Gesetz werden Personen, die sich verschuldet haben, binnen 3 Jahren nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens von sämtlichen Verbindlichkeiten befreit. Damit hat der Gesetzgeber die europäische Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie (EU-RiLi 2019/1023) umgesetzt. Die Regelungen zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens gelten in Deutschland nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner, sondern, wie von der Richtlinie empfohlen, auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Das war zunächst unstritten und sollte nur für ein paar Jahre probehalber gelten. Diese Befristung für Verbraucherinnen und Verbraucher, die die Bundesregierung einbauen wollte, hat der Bundestag aber nicht übernommen, so dass jetzt alle natürlichen Personen in den Genuß dieser Regelung kommen.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre tritt  auch ohne irgendeine finanzielle Beteiligung des Schuldners ein, und zwar  rückwirkend auch für alle Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. Damit können auch diejenigen Personen bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die noch im 4. Quartal 2020 durch die Covid-19-Pandemie einen Insolvenzantrag stellen mussten. Für Insolvenzverfahren, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 (einschl.) beantragt wurden, wird das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt.

Anders als bislang ist es für eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren jetzt nicht mehr notwendig, dass die Personen Tilgungs- und Kostenbeiträge leisten. D.h.: auch wer seinen Gläubigern gar nichts mehr anbieten kann, ist 3 Jahre nach der Eröffnung von allen Schulden befreit. Allerdings müssen Schuldnerinnen und Schuldner auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Selbständige können weiterhin selbständig bleiben, sie müssen in der sog. Wohlverhaltensphase lediglich den Beitrag leisten, der dem pfändbaren Anteil eines entsprechenden Angestelltengehalts entspricht. Alle darüber hinausgehenden Gewinne dürfen sie behalten.

Mit dem neuen Gesetz soll verschuldeten Personen ein schnellerer Neuanfang ermöglicht werden. Das ist natürlich interessant für alle Selbständigen, ob Handwerker, Eventveranstalter, Boutiquebesitzerin, Arzt oder Zahnarzt: „Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre nach der Eröffnung des Verfahrens, statt wie bisher sechs Jahre, sorgt dafür, dass Betroffene schneller wieder aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können“, so das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz.

IST das so?

Die Wohlverhaltensphase beginnt erst, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. Das Verfahren selbst ist nach wie vor problematisch, weil hier das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet wird. Bis dato waren die Betriebsmittel von Selbständigen, also alles, was der selbständige Unternehmer/Handwerker für seine Erwerbstätigkeit benötigt, von der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters ausgenommen (§§ 36 InsO, 811 ZPO). Davon sind landwirtschaftliche Betriebe und Apotheken allerdings leider ausgenommen. Den Landwirten und Apothekern kann im Insolvenzverfahren deshalb der gesamte Betrieb bis zu letzten Heugabel / bis zur letzten Pipette unter den Händen wegverkauft werden. Eine selbständige Erwerbstätigkeit wird diesen Unternehmern durch das Insolvenzverfahren somit abgeschnitten. Warum gerade diesen Berufsgruppen die Existenzgrundlage entzogen werden muss, bleibt rätselhaft. Apothekern ist es sogar gesetzlich verboten, die Apotheke im Insolvenzverfahren überhaupt weiter zu betreiben (§ 7 Apothekengesetz) – die Aufsicht der Insolvenzverwalter ist bei Apothekern offenbar besonders gefährlich! Das ist schon heute verfassungsrechtlich höchst bedenklich, denn die notwendigen Betriebsmittel dienen der Existenzsicherung und werden dem Kernbereich der Berufsausübungsfreiheit zugeordnet. Die Bundesregierung (in Person des Justizinisteriums) setzt jetzt aber noch einen drauf, indem sie diese verfassungswidrige Praxis nach Art. 1 des Gesetzentwurfs des Justizministeriums zum Gerichtsvollzieherschutzgesetz (GvSchG) demnächst auf alle Berufsgruppen ausdehnen will. Der Schraubenzieher des Installateurs, das Fahrrad des Fahrradboten, der Hammer des Hufschmieds, der Behandlungsstuhl des Zahnarztes und das Stethoskop des Arztes, alles soll dem Insolvenzverwalter künftig uneingeschränkt zur Verwertung zugewiesen werden. Was bisher nur wildgewordene Insolvenzverwalter dem Freiberufler nach Gutsherrn-Manier eigenmächtig und rechtswidrig angetan haben, wird also jetzt Gesetz werden. Das geht selbst der Insolvenzverwaltervereinigung VID zu weit, die das in ihrer Stellungnahme mit einer Deutlichkeit, die man ihr nicht zugetraut hätte, abgelehnt haben. Für einen einfacheren Neustart, den dasselbe  Ministerium den verschuldeten Menschen durch den vorgerichtlichen Insolvenzplan (StaRuG) gerade erst eröffnet hat, ist das natürlich Gift. Da weiß die eine Abteilung im Justizministerium offenbar mal wieder nicht, was die andere macht, und geht blind in deren Gefilden wildern. Der Insolvenzverwalter kann den Betrieb natürlich auch freigeben (§ 35 Abs. 2 InsO). Das wird er aber nur tun, wenn und solange der Betrieb unlukrativ ist. Nun gut, das kriegt man hin. Allerdings hat er demnächst die Hand auf den Betriebsmitteln und ist somit in der besseren Verhandlungsposition. Gut, wer reiche (und hilfsbereite!) Verwandtschaft hat.

Fazit:

Die Restschuldbefreiung wird auf 3 Jahre verkürzt, aber das Unternehmen wird zerschlagen!

Es bleibt also dabei: Für Freiberufler und Unternehmer ist deshalb nach wie vor der Insolvenzplan die einzige Option, denn nur durch das Insolvenzplanverfahren (und geeignete Anträge) kann das Unternehmen dem Verwertungszugriff des Insolvenzverwalters entzogen werden. Außerdem sind bereits am Tag der Abstimmung sämtliche Verbindlichkeiten dauerhaft „vom Tisch“, d.h. die Restschuldbefreiung tritt erheblich früher ein. Dafür muss man also weder nach England noch nach Frankreich noch nach Österreich ausweichen. Das timing hängt ausschließlich von der guten Vorbereitung ab und ansonsten nur noch von der Terminslage bei Gericht, d.h. derzeit binnen ca. 9 Monaten. Bekommt man ein schriftliches Abstimmungsverfahren hin, geht es sogar noch schneller.

Ein Insolvenzplan ist zwar recht teuer, aber effizient, schnell und vor allem – sicher!

Mit der Gestaltung von Insolvenzplänen und der Vorbesprechung mit dem Gericht wird meine Kanzlei gerne betraut. Bei der betriebwirtschaftlichen Sanierung im Rahmen des Insolvenzplans wird die Kanzlei unterstützt von dem Sachverständigen, Herrn Dipl. Kfm. Jens Jäger https://www.svk-jaeger.de/ueber-uns/ und von der Fa. Aton advisors https://www.aton-advisors.de/d

Corona-Maßnahmen in Bonn: Schnelltests verhindern Lockdown

Für das Gebiet der Stadt Bonn hat das Gesundheitsministerium NRW per 27.03.2021 einen 7-Tage-Inzidenzwert von 111 festgestellt. Demnach gilt der durch § 16 der CoronaSchVO NR angeordnete generelle Lockdown. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn hat allerdings heute verfügt, dass von der Ausnahme deer Lockdown-Anordnung Gebrauch gemacht wird.

Das heißt, dass alle Aktivitäten, die in § 16 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 aufgelistet sind, nicht eingeschränkt werden, sondern im Rahmen der allgemeinen Corona-Beschränkungen (Beschränkungen gem. §§ 2 bis 15 für Inzidenzen unter 100) wahrgenommen werden dürfen, allerdings müssen die Bürger*innen dafür ab dem 31.3.2021 zusätzlich einen tagesaktuellen (d.h. nicht älter als 24 h, § 4 Abs. 4 CoronaSchVO NRW) und von einer in der Corona-Test-und-Quarantäneverordnung vorgesehenen Teststelle schriftlich oder digital bestätigten negativen Corona-Schnelltest mit  sich führen.

Folgende Angebote bleiben zwar im Rahmen der allgemeinen Coronaregeln aufrecht erhalten, dürfen ab dem 31.3.2021 also nur noch gegen zusätzliche Vorlage eines tagesaktuellen negativen Schnelltests wahrgenommen werden:

(Paragrafen sind die der CoronaSchVO NRW idF vom 27.03.2021)

  • Bibliotheken (Präsenzbetrieb) bleiben geöffnet für Nutzer mit Negativ-Attest, § 6 Abs. 4
  • Museen, Galerien etc. mit 1 Person pro 20 qm u.a., § 8 Abs. 4
  • Sport unter freiem Himmel in Gruppen bleibt weiter für bis zu 20 Kinder unter 15 Jahren zzgl. 2 Trainer*innen oder Aufsichtspersonen zulässig (§ 9 Abs. 1, Saz 2 Nr. 3) ohne negativen Schnelltest nur für 10 Kinder (§ 16 Abs. 1 Ziff. 4),
  • Zoos, Tierparks, Botanische Gärten etc. (§ 10 Abs. 3): Zutritt zu den geschlossenen Räumen bleibt unter den allgemeinen Coronabeschränkungen des § 10 Abs. 3 offen für Personen mit tagesaktuellem negativen Schnelltest,
  • Einzelhandel + Reisebüros (§ 11 Abs. 3): dürfen mit Terminbuchung, Flächenbegrenzung (1 Kunde pro 40 qm) geöffnet bleiben, wenn die Kund*innen zusätzlich einen negativen Schnelltest mit sich führen,
  • Verkaufslokale Handwerk + Diensleistungsgewerbe bleiben unter den Beschränkungen des § 12 Abs. 1 geöffnet für Kund*innen mit negativem Schnelltest,

Für die Anbieter von Dienstleistungen, auch medizinische und pflegerische (!) und Handwerksleistungen enthält die Allgemeinverfügung eine besondere Vorschrift in Ziff. II:

Die Vorschrift ordnet an, dass die Wahrnehmung (gemeint ist wohl: die Ausübung) aller Dienstleistungen und Handwerksleistungen, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 m zum Kunden nicht eingehalten werden kann nur bei Vorlage eines tagesaktuellen Negativ-Tests erfolgen darf. „Das gilt insbesondere auch für Friseure„, so der Verfügungstext (als wüßten die das nicht selbst!). Das heißt:

Physiotherapeuten, ambulantes Pflegepersonal, Podolog*innenFamilienpfleger*innen etc. brauchen also täglich einen bestätigten Schnelltest, die Patienten jedoch nicht (!?)

Handwerker und Monteure sowie Haushaltshilfen brauchen den Schnelltest demnach nicht, weil sie den Mindestabstand von 1,5 m grundsätzlich einhalten können; sie sind trotzdem nach wie vor vom Lockdown befreit. Sie müssen nur nach wie vor Schutzmasken tragen und Abstand halten, Hände desinfizieren und die allgemeinen Hygieneregeln einhalten.

https://www.bonn.de/themen-entdecken/gesundheit-verbraucherschutz/coronavirus.php#Aktuelles-2C_Allgemeinverf-C3BCgungen-2C_Verordnungen_und_Videos

1 2 3