Restschuldbefreiungsverfahren wird verkürzt

Die Bundesregierung hat am 01.07.2020 eine Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens von 6 auf 3 Jahre ab Eröffnung des Verfahrens beschlossen. Die im Jahr 2014 eingeführten Bedingungen für eine Verkürzung der Wohlverhaltensperiode (auf 3 Jahre bei Tilgung der Verfahrenskosten + 35 % der Verbindlichkeiten, auf 5 Jahre bei Tilgung der Verfahrenskosten) fallen demnach ersatzlos weg. Die Neuregelung wird für künftige Verfahren gelten, die ab dem 1.10.2020 beantragt werden. Es lohnt sich also, mit dem Antrag noch ein paar Monate zuzuwarten. Die Neuregelung war für Unternehmer und Selbständige geplant, sie gilt aber auch für Verbraucher; für Verbraucher wird es allerdings Sondervorschriften geben.

Die 3-Jahres-Regelung geht (mal wieder) auf eine EU-Richtlinie zurück, mit der ein unternehmerischer fresh-start ermöglicht werden soll. Allerdings wird der Eintrag im Schuldnerverzeichnis und bei der SCHUFA aber wohl weiterhin erst 3 Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung gelöscht werden, künftig also 6 Jahre nach der Eröffnung des Verfahrens, aber der fresh-starter wird weiterhin dauerhaft ohne Bankkredit auskommen müssen, denn das Negativ-Merkmal bleibt dauerhaft eingetragen.

Für einen unternehmerischen fresh-start ist die Verkürzung daher ungeeignet. Dafür muss es wesentlich schneller gehen. Wir empfehlen deshalb nach wie vor den Insolvenzplan als ad-hoc-Sanierungsinstrument, oder aber – noch besser – ein außergerichtliches Moratorium, weil dann erst gar keine Einträge erfolgen. Hierzu berät meine Kanzlei Sie gerne.

Hier sind die Einzelheiten des Regierungsentwurfs:

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OLG Köln weist € 2,8 Mio-Anfechtungsklage gegen Lieferantin ab – die Revision wurde nicht zugelassen.

Das Oberlandesgericht Köln hat am 15.4.2020 die Anfechtungsklage eines Insolvenzverwalters über Mio.€ 2,8 in 2. Instanz abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dabei ging es – wie immer – um die Erkennbarkeit einer objektiv eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Kunden-Unternehmens für den Lieferanten, aber auch – mal wieder – um toxische (Standard-)AGB’s.

Eigentlich war der Fall klar:
Die Lieferantin hatte die Zahlungsströme stets manuell gesteuert und die Zahlungen, die sämtlich binnen 3 Monaten erfolgt waren, jeweils pünktlich eingezogen, überwiegend sogar zu Skontobedingungen. Einige wenige Rücklastschriften konnten zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Zahlungsziels nach Absprache mit dem Kunden erneut eingezogen werden. Bei 181 LS-Einzügen innerhalb von 3 Monaten waren 8 Rücklastschriften vorgekommen, davon wurden 4 ohne Zielüberschreitung erneut eingezogen, und 4 mit Zielüberschreitungen von 2 bis 14 Tagen. An sich eine Situation, den ein durchschnittlicher Creditmanager durchaus als Erfolg für sich verbuchen darf. In dieser Situation liegt die Zahlungsunfähigkeit auch nicht unbedingt auf der Hand, ganz im Gegenteil. Der Insolvenzverwalter hatte vorgerichtlich auf demselben Hintergrund sogar Rückzahlungen in Höhe von € 10,3 Mio. geltend gemacht. Davon konnte zum Glück bereits vorgerichtlich abgehalten werden. Trotzdem hatte das Landgericht Köln der Klage, die auf € 2,8 Mio. reduziert wurde, vollumfänglich stattgegeben.

Problematisch war der Fall aber schon, denn die Zahlungsströme, die Einhaltung des Kreditlimits und die Freigabe von Lieferungen wurden über einen langen Zeitraum von der Creditmanagerin des Unternehmens in enger Absprache mit dem GEschäftsführer der Kundin manuell gesteuert. Die Kundin, die wiederum die großen Discounter belieferte (was unter Insidern schon als sichere Insolvenzursache gilt!) wollte ihren Umsatz ständig ausweiten, wurde aber im Hinblick auf eigene Zahlungsrückläufe von den Discountern ständig ausgebremst. Also verlangte sie Lieferantenkredit. Die Lieferantin hatte ihr Risiko kalkuliert und ein internes Kreditlimit festgelegt. Das galt es zu verteidigen. Deshalb mussten neue Lieferungen immer wieder angehalten werden und Zahlungseingänge abgewartet werden. Alltag eines Creditmanagers. Das Landgericht Köln hatte diese manuelle Steuerung aber übel genommen und die Lieferantin u.a. wegen des angeblichen Drucks, der dadurch auf die Kundin ausgeübt wurde, zur Rückzahlung des Betrages in voller Höhe verurteilt.

Im Prinzip hat das OLG Köln diese Sicht der Dinge zwar zunächst durchaus bestätigt; der Senat hat das Gewicht aber auf die Zieleinhaltungen und die Skontozahlungen gelegt und den Fall glücklicherweise anders beurteilt. Der Senat konnte dem Forderungskonto der Lieferantin und den entsprechend aufbereiteten Excel-Tabellen und Grafiken entnehmen, dass die Zahlungen – trotz eindeutiger Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin – mit ein paar versprengten Ausnahmen – sämtlich innerhalb des Zahlungsziels durch Lastschrifteinzug erfolgt waren, und zwar zum größten Teil unter Skontobedingungen. Einzelne versprengte Rücklastschriften waren nicht schädlich, weil sie überwiegend innerhalb der Zahlungsfrist wieder ausgeglichen wurden. Ein Lieferstopp war zwar angedroht, aber nicht umgesetzt worden, und diente im Übrigen zur Einhaltung des Kreditlimits – ähnlich wie beim Kontokorrentkredit. Das konnten wir durch Zeugenvernehmung der Creditmanagerin beweisen. Im Ergebnis hatte die Creditmanagerin der Lieferantin daher alles richtig gemacht und hatte vor allem gut dokumentiert.

Wie gefährlich die Insolvenzanfechtung ist, zeigt sich daran, dass das Landgericht Köln (Kammer für Handelssachen) der Klage in der 1. Instanz bei identischem Sachverhalt vollumfänglich stattgegeben hatte. Umso wichtiger ist ein kluges, erfahrenes und gut dokumentiertes Creditmanagement. Es gilt, das Entscheidende vorzutragen und unter Beweis stellen zu können. Das ist hier gelungen.

Das Urteil erging noch zum alten Anfechtungsrecht. Ob es rechtskräftig wird, hängt jetzt davon ab, ob der Insolvenzverwalter gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde zum BGH einlegt, und ob der BGH diese Beschwerde annimmt.

Aus der sehr umfangreichen Begründung des OLG ergibt sich im Übrigen wieder mal deutlich, wie schädlich die AGB für die Anfechtung sein können:

Dies sei am Beispiel „Eigentumsvorbehalt“ bzw. „Pfandrecht“ erläutert:
In der Regel sind diese Sicherheiten korrekt vereinbart, aber es fehlt an einer Vereinbarung über die Bewertung des Sicherungsguts. Das ist für die Frage der Übersicherung schlecht: Wenn Sie nach dem Nettofakturenwert bewerten, laufen Sie schnell in die Übersicherung rein. Davor schützt zwar die Freigabeklausel, die ich auch in allen AGB finde. ABER:
In der Regel ist nur eine schuldrechtliche Freigabeklausel vorgesehen: demnach „dürfen“ Sie bestimmtes Sicherungsgut nach eigener Wahl freigeben. AGB-rechtlich ist das in Ordnung, aber das ist der killer für die Insolvenzanfechtung, denn dann kann trotz ausreichender Zahlungen GAR kein Sicherungsgut freiwerden, weil die Freigabe in der Praxis ja nie erklärt wird.
etc., etc.

Ich würde Ihnen daher dringend raten, die AGB auf Insolvenzfestigkeit hin überprüfen zu lassen. Die meisten Unternehmen verwenden die Standard-AGB’s ihrer Verbände. Die sind immerhin wirksam, regeln aber nicht die insolvenzspezifischen Risiken Ihres Unternehmens. D.h. immer dann, wenn es auf die AGB ankommt, nämlich bei Zahlungsausfällen, dann helfen sie nicht! Und das kann Sie sehr viel Geld kosten, wenn es darauf ankommt.

Melden Sie sich gerne, wenn Sie eine unverbindliche AGB-Analyse wünschen. Ich mache Ihnen Ihre AGB wetterfest denn da geht noch viel mehr! Und die Gebühren sind – wie immer – sehr gut investiertes Geld.

Bonn, den 30.04.2020
Barbara Brenner
Rechtsanwältin

Lockdown wegen Corona-Pandemie: Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hält Ausgangsbeschränkungen (inzwischen) für verfassungswidrig

Ein saarländischer Bürger hatte sich über die von der saarländischen Landesregierung verhängten Ausgangssperren beschwert und ist den Weg bis zum Verfassungsgericht des Landes gegangen – mit Erfolg!

Am 28.04.2020 hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes laut einer Pressemitteilung beschlossen, dass Ausgangsbeschränkungen, die die Landesregierung am 17. April 2020 durch Rechtsverordnung verhängt hatte, verfassungswidrig sind. Im besonders schwer betroffenen deutsch-französischen Grenzgebiet – so der Verfassungsgerichtshof – waren die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie durchaus geboten, allerdings müssen die mit den Ausgangsbeschränkungen verbundenen Grundrechtseingriffe „Tag für Tag“ auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden.Pressemitteilung vom 28.4.2020 (Corona)

„Verhältnismäßigkeit“ bedeutet im verfassungsrechtlichen Sinn, dass eine Grundrechtseingriff nur dann verfassungsmäßig ist, wenn
– die Maßnahme grundsätzlich geeignet ist, ein – verfassungsrechtlich unbedenkliches – Ziel zu erreichen,
– ferner darf es kein milderes geeignetes Mittel geben, um das Ziel zu erreichen, und
– der Eingriff muss „verhältnismäßig im engeren Sinne“ sein, d.h. die Schwere der Verletzung des Grundrechts muss gegen das Ziel, das erreicht werden soll, abgewogen werden und gegenüber diesem Ziel zurück treten.

Bei dieser „großen“ Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt natürlich der Dauer und der kreativen Ausgestaltung des Grundrechtseingriffs Bedeutung zu.

Und natürlich muss die Maßnahme auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, denn kein Grundrechtseingriff ist ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig. Das Infektionsschutzgesetz (früher: Bundesseuchengesetz) ist eine solche Grundlage.

Drive slow and win the race: Der neue Bußgeldkatalog 2020

Seit dem 28.04.2020 gilt der neue Bußgeldkatalog. Eine alt-neu-Übersicht für Geschwindigkeitsüberschreitungen finden Sie hier:

Bußgeldkatalog 2020 (neu-alt)

Neben den Geschwindigkeitsüberschreitungen wird auch Falschparken und unnötige Lärmbelästigung strenger geahndet:

Parken an einer unübersichtlichen Stelle: 35 Euro (bisher 15 Euro)
Parken in einer Feuerwehrzufahrt: 55 Euro (bisher 35 Euro)
Parken auf einem Behindertenparkplatz: 55 Euro (bisher 35 Euro)
Parken in zweiter Reihe mit Behinderung: 80 Euro plus ein Punkt (bisher 25 Euro)
Halten in zweiter Reihe: 55 Euro (bisher 15 Euro)
Verursachen von unnötigem Lärm oder Abgasbelästigung (zum Beispiel Auto im Winter warm laufen lassen): 80 Euro (bisher 10 Euro)
unzulässiges Befahren einer Umweltzone: 100 Euro (bisher 80 Euro)

Also: Benehmen sie sich!

Insolvenzantrag: Aussetzung in Corona-Krise!

Das Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) v. 26.03.2020: – Änderungen des Insolvenzrechts aufgrund der Coronakrise –

Kurz nach dem wirtschaftlichen close-down aufgrund der Corona-Pandemie werden viele finanziell schwächelnde Unternehmen endgültig zahlungsunfähig und überschuldet sein und vom Markt verdrängt werden. Aber auch viele gesunde Unternehmen werden zahlungsunfähig oder/und – durch die erleichterte Kreditaufnahme über die KfW-Bank – überschuldet.
Für die Gruppe der gesunden Unternehmen – und nur für diese – hat der Deutsche Bundestag am 26.03.2020 in seinem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie u.a. auch die Insolvenzordnung vorübergehend geändert. Die Entlastung beruht auf 3 Säulen:

1. Zum einen wurde die Insolvenzantragspflicht für Ereignisse ab dem 01.03. bis zum 30.09.2020 ausgesetzt,
2. Zum anderen wurde die Haftung der Geschäftsführer für Zahlungen, die er im Zustand der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der Gesellschaft veranlasst hat, abgemildert, und
3. schließlich wurde die Anfechtbarkeit von Rückzahlungen von sog. „Corona-Darlehen“ im Aussetzungszeitraum eingeschränkt.

Die Einschränkung der Anfechtbarkeit betrifft nur Rückzahlungen von Darlehen, die bis zum 30.09.2020 schon erledigt sind. Das wird kaum relevant sein.
In diesem Beitrag möchte ich deshalb nur auf die Punkte 1. und 2. eingehen.

1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG:

§ 1 COVInsAG suspendiert die Insolvenzantragspflichten für Ereignisse zwischen dem 01.03. und dem 30.09.2020, aber nur unter folgenden Voraussetzungen:
a) Wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach dem 01.03.2020 eingetreten war und tatsächlich auf den Folgen der Corona-Pandemie „beruhte“ (wobei eine Mit-Verursachung ausreicht),
oder
b) wenn Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung zwar erst durch die Corona-Pandemie eingetreten sind, aber das Unternehmen auch nach dem close-down tatsächlich keinerlei (gemeint ist: „gar keine“!) Aussichten mehr auf eine Beseitigung der Krise hat.
Letzteres ist der Fall, wenn die Kredite, die jetzt aufgenommen und über die KfW-Bank verbürgt werden, auch bei regulärem Verlauf der Geschäftstätigkeit bis zum Tag der Fälligkeit aus der Handelsspanne gar nicht erwirtschaftet werden und deshalb aus den Überschüssen auch gar nicht zurück gezahlt werden können. Das wird bei vielen der KMU’s der Fall sein und drüber gibt eine Plan-GuV Auskunft.

Ob die Krise durch die Pandemie verursacht wurde, wird gesetzlich vermutet, wenn die Finanzlage des Unternehmens am 31.12.2019 noch gesund war. TEST:
– Sämtliche Verbindlichkeiten wurden nach Fälligkeit erfasst und konnten bis zum 31.12.2019 bei Fälligkeit bezahlt werden (also zumindest zu 90 % + 3 Wochen nach der jeweiligen Fälligkeit)
und
– die Bilanz war ausgeglichen und es bestand kein durch Eigenkapital nicht gedeckter Fehlbetrag.
Beides muss jetzt aber schleunigst dokumentiert werden, und zwar im Zweifel durch einen – gutachterlich bestätigten – Liquiditätsstatus und eine (Überschuldung-)Bilanz!

Stellt sich bei einer späteren Überprüfung nämlich heraus, dass die Krise tatsächlich im Januar oder Februar 2020 eingetreten war, ist die Vermutung widerlegt, und die Insolvenzantragspflicht blieb bestehen. Die Beweislast hat der Insolvenzverwalter, aber wenn es so war, kriegt der es auch raus. Also:
Auch die Monate 01. und 02.2020 müssen deshalb jetzt schleunigst erfasst werden, bei Unsicherheit wegen der Überschuldung muss eine Sonderbilanz aufgestellt und müssen die Fortführungsaussichten geprüft werden.

2. Aufrechterhaltung, aber Abmilderung der GF-Haftung nach § 64 GmbHG

Für die unternehmerische Praxis – und damit auch die Beratungspraxis – ist wohl die Abmilderung der Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG (sog. „Insolvenzverschleppungshaftung“) durch eine Beweiserleichterung für die Organe einer Gesellschaft der wichtigste und interessanteste Aspekt.

Hier gilt es zunächst, mit einem Missverständnis aufzuräumen:

Das COVInsAG entbindet den Geschäftsführer NICHT von der persönlichen Haftung nach § 64 GmbHG, und zwar auch dann nicht, wenn sein Unternehmen aufgrund des close-downs zahlungsunfähig geworden ist. Er muss dann lediglich keinen Insolvenzantrag stellen, OBWOHL sein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist!

Seine Geschäftsführung steht in dieser Zeit aber genauso unter besonderer Beobachtung wie wenn die Antragspflicht bestünde. D.H. er darf in der Zeit, in der er sonst den Antrag hätte stellen müssen, nicht einfach weiterwirtschaften, sondern hat in dieser Zeit die Geschäfte „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ zu führen, d.h., er darf das Haftungsvermögen für seine Gläubiger nicht schmälern, sonst haftet er persönlich.

Die Ausgangslage ist Folgende:
Ein Geschäftsführer macht sich dann persönlich haftbar, z.B. für Zahlungen aus dem Geschäftskonto oder aus der Kasse, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist; bei Überschuldung gilt dies nur, wenn das Unternehmen keine Aussichten auf Fortführung („going“) hat, d.h., wenn die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit innerhalb einer bestimmten Zeit nicht darstellbar ist (sog. „going concern“).
Der Geschäftsführer haftet dann für sämtliche Zahlungen, die er noch vom Geschäftskonto vorgenommen hat oder hat vornehmen lassen, und zwar mit seinem gesamten persönlichen Besitz.

Ausnahmsweise haftet der Geschäftsführer nicht, wenn bestimmte Zahlungen trotz Krise und Antragspflicht „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar“ waren. Er muss also im Nachhinein den Test bestehen, dass durch die Zahlungen das Vermögen seines Unternehmens (also die Aktivseite der Bilanz) ausgeglichen blieb oder sogar unmittelbar angereichert wurde – etwa durch Realisierung eines entsprechend höheren Umsatzes oder einer – wertstabilen! – Warenlieferung ins (mobile) Anlagevermögen oder in die Vorräte. Nur in diesem Fall und nur in Höhe dieser Zahlungen kann er sich ausnahmsweise entlasten und so die Haftung diesbezüglich vermeiden. Für diesen Umstand hat er aber die volle Beweislast.

Hier greift jetzt erst die Entlastung des Geschäftsführers durch das COVInsAG:
§ 2 des COVInsAG hilft ihm bei der Entlastung, indem es anordnet, dass die Zahlungen, die er in diesem Zustand der Zahlungsunfähigkeit und/ oder Überschuldung des Unternehmens veranlasst hat, als „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar“ GELTEN. Die Sorgfalt wird also „vermutet“.
Privilegiert sind daher vor allem die laufenden Kosten des Betriebes.

Vorsicht:
Bestand die Antragspflicht tatsächlich fort, wenn auch unerkannt, dann sind auch diese Kosten nicht automatisch privilegiert und der GF wird haften!
Nicht privilegiert sind auf jeden Fall sämtliche Zahlungen auf (Alt-) Forderungen, durch die KEIN Vermögen mehr zur Masse fließen wird, also
– Steuerrückstände ans Finanzamt,
– rückständiges Arbeitsentgelt,
– Alt-Forderungen von Lieferanten und Dienstleistern etc.
Diesen Umstand muss dann zwar der Insolvenzverwalter beweisen, aber das ist einfach.
Das bedeutet, das COVInsAG kehrt lediglich die Beweislast für die Vorwerfbarkeit der Zahlungen um – aber immerhin! Der Entlastungsbeweis, den der Geschäftsführer sonst immer selbst führen muss, gelingt ja nur in den seltensten Fällen, u.a. auch deshalb, weil der Geschäftsführer in der Krise meist keine Dokumentation vorgenommen hat.

Ausnahme von der Privilegierung:
Wird aber klar, dass das Unternehmen keine Chance hat, die wirtschaftliche Schieflage JEMALS wieder aufzuholen, dann greift die Privilegierung von Anfang an nicht ein, weil die Antragspflicht gar nicht suspendiert war und daher eine Pflichtverletzung vorlag! Das macht diese Regelung so gefährlich, denn das wird bei vielen KMU’s der Fall sein. Sie wissen es nur noch nicht, weil sie ihre Finanzlage nicht erfassen und dokumentieren!

Konsequenz:
Der Insolvenzantrag muss – wie immer – binnen 3 Wochen nach Eintritt dieses Zustandes gestellt werden. Nimmt der Geschäftsführer davon keine Kenntnis, dann trifft ihn die volle persönliche Haftung trotz aller Anstrengungen, sein Unternehmen „über Wasser“ zu halten. Persönliche Opfer werde nicht anerkannt, privates Geld, das eingeschossen wurde, kann nicht gegen gerechnet werden.
Sprich: Wenn er/sie einmal freiwillig gezahlt hat, muss er/sie eben zur Strafe nochmal zahlen.

Voraussetzung für die Entlastung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG:
Der Geschäftsführer ist nur dann entlastet, wenn die Antragspflicht suspendiert war, d.h. wenn sein Unternehmen am 31.12.2019 und danach noch bis zum 01.03.2020 nachweislich zahlungsfähig und nicht überschuldet war!
Diese Situation hat der Geschäftsführer später einmal zu beweisen.

Timing:
Die Entlastung gilt rückwirkend für die Verletzung von Antragspflichten, die im Zeitraum
vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020
bereits entstanden waren bzw. noch entstehen werden. Es ist als „maximale“ Zeitspanne formuliert, so dass eine Verlängerung eigentlich nicht in Betracht kommen sollte. Aber der Gesetzgeber kann seine eigenen Gesetze jederzeit selbst wieder aufheben und diese Frist nochmals verlängern. Die Verwendung des Wortes „maximal“ bedeutet, dass er sich genau das vorbehalten hat. Damit kann ein Geschäftsführer aber heute noch nicht planen.

Empfehlung:
Wenn Sie Geschäftsführer einer GmbH’s sind, die Opfer des close-down geworden ist (oder wenn Sie eine solche GmbH, AG u.a. als Steuerberater betreuen), und wenn Sie über die Befreiung von Ihrer Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG Sicherheit haben wollen, dann müssen Sie jetzt schleunigst
– zum 31.12.2019 und nochmals
– zum 29.02.2020
einen Liquiditätsstatus erstellen, der alle bis zu diesen Daten fälligen Verbindlichkeiten erfasst. Sie dürfen dabei 3 Wochen zugeben, müssen aber die in diesen 3 Wochen neu fällig gewordenen Verbindlichkeiten in den Status wieder einbeziehen.

Gleichzeitig müssen Sie
– zum 31.12.2019 und nochmals
– zum 29.02.2020
eine Überschuldung prüfen, also die Bilanz zum 31.12.2019 aufstellen (sollte das Unternehmen ein abweichendes Geschäftsjahr haben, müssen Sie eine Zwischenbilanz aufstellen). Ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auf die Aktivseite der Bilanz, dann müssen Sie eine sog. „Überschuldungsbilanz“ aufstellen, in der bestimmte Werte aktiviert werden dürfen, die in einer Handels- und Steuerbilanz unberücksichtigt bleiben müssen. Damit kann nachgewiesen werden, dass tatsächlich KEINE Überschuldung besteht.
Bestand auch demnach eine Überschuldung, dann müssen Sie die Fortführungsaussichten („going concern“) prüfen, d.h. die Liquidität für eine Fortführung muss uneingeschränkt gegeben sein oder wieder hergestellt werden. Nur dann dürfen Sie nach Fortführungswerten bewerten, wodurch eine Überschuldung häufig beseitigt werden kann.
Sind Gesellschafterdarlehen auf der Passivseite ausgewiesen, dann müssen Sie JETZT den Rangrücktritt erklären, sonst belasten diese weiterhin die Passivseite der Bilanz.

Die Ergebnisse dieses Finanz-Status sollten gutachterlich bestätigt werden, damit Sie später Ihrer Beweislast nachkommen können.

All das ist jetzt teuer und kostet Zeit. Wenn Sie diesen Aufwand nicht treiben wollen, dann nutzen Sie die Gunst der Stunde und

STELLEN SIE EINEN INSOLVENZANTRAG!

Verbunden mit einem schlanken Insolvenzplan und ausgestattet mit einem frischen Startkapital können Sie in ein paar Monaten völlig entschuldet da weitermachen, wo ander endgültig aufhören müssen.

WIR BERATEN SIE DABEI.

Privatinsolvenz in Zeiten der Corona-Epidemie

Jefferson Thomas“Bankruptcy is as American as John Wayne and Applepie”


Die Corona-Krise stellt uns alle vor Große Herausforderungen. Ob im geschäftlichen oder privaten Bereich, viele Fragen sich, ob eine Insolvenz eine Lösung ist.

Sie sind Einzelunternehmer, Handwerker, Arzt, Zahnarzt, Rechtsanwalt, Boutiquenbesitzer, Modeschöpfer oder Messebauer und die Schulden wachsen Ihnen über den Kopf? Sie arbeiten 24h/7 und es bleibt nichts für Sie übrig? Jetzt noch die Ausfälle wegen der Corona-Krise, da stellt sich die Frage:

„Muss ich Insolvenz beantragen?“

Die gute Nachricht ist: Sie müssen nicht, aber Sie DÜRFEN!

Der Vorteil der Privatinsolvenz: ES PASSIERT IHNEN NICHTS!

  • Sämtliche Verbindlichkeiten werden inkl. Zinsen sofort gestoppt.
  • Ein Zugriff von Gläubigern auf Ihre Einnahmen und Ihr Vermögen ist nicht mehr möglich.
  • Zwangsvollstreckungen werden vom Gericht sofort eingestellt.
  • Der pfändungsfreie Betrag Ihrer Einnahmen bleibt ab sofort zu Ihrer freien Verfügung.
  • Kein Besuch mehr vom Gerichtsvollzieher.

und:

  • Durch einen Insolvenzplan werden Ihnen alle Schulden in einem einzigen Termin erlassen!

Der Nachteil der Privatinsolvenz:

  • Ein Insolvenzverwalter bemächtigt sich Ihres gesamten restlichen Vermögens, der Geschäftsausstattung, der Maschinen und Geräte, und will alles verkaufen?

Darum kümmern wir uns!

Unser Ziel ist, dass Sie Ihr Geschäft nach Abwicklung eines kurzen Insolvenzverfahrens am selben Ort und mit den Arbeitsmitteln, die Ihnen zustehen, weiter betreiben können.

Sie werden es nicht glauben, aber:
Als Selbständiger dürfen Sie in der Wohlverhaltensperiode so viel verdienen, wie Sie wollen. Und wenn es mehr ist als der pfändbare Betrag aus einem fiktiven Angestelltengehalt in einem vergleichbaren Beruf, dürfen Sie den gesamten Mehrverdienst behalten.

Die Insolvenzordnung gibt Ihnen diese Möglichkeiten, aber nur ein spezialisierter Anwalt weiß, wie es geht.

Bei einer Privatinsolvenz sind Sie übrigens in guter Gesellschaft:

Abraham Lincoln, zum Beispiel, hatte einen Lebensmittelladen, der pleite ging. Abraham Lincoln in die Politik und wurde bekanntlich der 1. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er zahlte allerdings noch Jahre danach seine Schulden ab, weil es damals noch kein geregeltes Insolvenzverfahren gab, an dessen Ende die Restschuldbefreiung stand.

Thomas Jefferson, der 3. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, hatte eine farm betrieben, bevor er in die Politik ging. Er ist bekannt für seine „Declaration of Independence“ und als Gründer der University of Virginia. Seine finanziellen Probleme sind weniger bekannt. Die Amtsführung im Weißen Haus kostete ihn viel Geld, das Uncle Sam ihm nie zurückzahlte. Seine farm litt unter einer Dürre und ging in der Depression von 1819 pleite. Darüber hinaus hatte er für seinen Schweigersohn quergezeichnet und die Gläubiger treiben die Schulden bei ihm ein. Jefferson verstarb am 4. Juli 1826 immer noch hoch verschuldet.

Harry S Truman stammte ebenfalls von einer farm. Sein Vater hatte allerdings bei einer Weizen-Spekulation 1901 alles verloren. Von 1903 bis 1906 arbeitete Harry als Bankangestellter in Kansas City, um dann wieder seinem Vater beim Aufbau einer neuen Farm zu helfen. Nach dem Tod seines Vaters 1914 versuchte er, mit risikoreichen Investitionen in eine Zinkmine und in Ölbohrungen das große Geschäft zu machen; beide Investments schlugen aber fehl. Er wurde faktisch restschuldbefreit, weil seine Bank, bei der er hoch verschuldet war, in der Rezession von 1920-21 selbst pleite ging. Er ging in die Politik und wurde 1945 bekanntlich als Nachfolger von Franklin D. Roosevelt zum 33. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt.

Mark Twain, der Erfinder der Romanfigur des Huckleberry Finn, hatte reich geheiratet. Allerdings machte er ein paar ungünstige Investments und meldete im Jahr 1894 Insolvenz an. Aber er war ein gefragter Redner, in der upper class gut vernetzt und schaffte es durch lukrative Engagements wieder nach oben.

Walt Disney, John Wayne

und andere Berühmtheiten hatten ebenfalls geschäftliche Misserfolge und schlechte Zeiten hinter sich, in denen sie Schulden machen mussten, die sie nicht mehr abzahlen konnten. Im Gegensatz zu den o.g. Persönlichkeiten konnten diese aber bereits auf ein Insolvenzverfahren mit anschließender Befreiung von allen Verbindlichkeiten zurückgreifen. Denn die USA haben Privatpersonen bereits im Jahr 1841 die Möglichkeit gegeben, sich unter den Schutz des Insolvenzrechts zu stellen (to „file for bankruptcy relief“). Nach dem Ende der „Großen Depression“ wurde der Schuldenerlass durch den Bankruptcy Act von 1938 in den USA nochmals weiter entwickelt.Wussten Sie übrigens, dass Jil Sander mit ihrer ersten Modelinie auch pleite ging? Sie hat daraus aber gelernt, ihre deutschen Schneiderinnen entlassen und im – damals noch erheblich günstigeren – Italien produzieren lassen. Ihr Erfolg im 2. Anlauf war unbeschreiblich.

All diese Berühmtheiten waren einmal in derselben Situation wie Sie heute. Nicht alle hatten eine Zweite Chance, aber Sie sollen sie bekommen.

Die Insolvenzordnung hat des dem Amerikanischen Bankruptcy Code nachgemacht und eröffnet dem ehrlichen Schuldner eine einmalige Befreiung von allen Schulden. Sie bekommen eine neue Chance und können Ihren ganz persönlichen American Dream dann eben im 2. Anlauf verwirklichen.

Nehmen Sie Kontakt zu mir auf, schildern Sie kurz Ihre Situation und ich werde sehen, wie ich Ihnen dabei helfen kann.


*Portrait of Thomas Jefferson, (top): Public Domain
Copyright © 2020, Barbara Brenner, Rechtsanwältin, Bonn
Copyright © 2011, James A. Michel, Attorney-at-Law, San Francisco

Ärgernis der Woche: Weiterbelieferungsvereinbarungen mit dem Insolvenzverwalter ohne „VVV“

Wenn der (vorläufige) Insolvenzverwalter Weiterbelieferung braucht, dann nehmen Sie bitte UNBEDINGT, IMMER und OHNE AUSNAHME den Mustervertrag „Verwaltungs-, Verfügungs- und Verwertungsvereinbarung („VVV“) zur Hand und kombinieren Sie die Weiterbelieferungsvereinbarung IMMER mit der Vereinbarung über die Handhabung Ihrer Kreditsicherheiten. Damit können Sie den Verwalter auf ein bestimmtes Procedere – und vor allem auf ein bestimmtes timing – bei der Identifizierung und Abgrenzung Ihrer Sicherheiten, der Abrechnung und der Auszahlung von Erlösen aus der Verwertung von Sicherheiten etc. festlegen. Danach haben Sie nie wieder eine Handhabe gegen den Verwalter. Und das kostet richtig Zeit und damit Geld – aber nicht den Verwalter!

Eine qualifizierte Beratung und Muster-Formulierungen bekommen Sie natürlich von unserer Kanzlei.

Bitte rufen Sie gerne an: 0228-30898-0

oder mailen Sie an: office@bbrenner.com

 

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